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Räumliche Differenzierung des Haushaltsbildungsverhaltens als eine Grundlage kleinräumiger HaushaltsprognosenOertel, Holger 25 September 2017 (has links) (PDF)
Die vorliegende Untersuchung widmet sich der Frage, welche Bedeutung die räumliche Differenzierung des Haushaltsbildungsverhaltens für die Ergebnisse von kleinräumigen Haushaltsprognosen hat. Die Haushaltsgrößenstruktur veränderte sich in Deutschland seit ihrer erstmaligen flächendeckenden Erhebung beträchtlich. Diese Strukturveränderungen sind von anhaltenden Haushaltsverkleinerungen geprägt und vollziehen sich auf der Makro-, Meso- und Mikro-ebene in unterschiedlicher Intensität. Eine möglichst exakte Abbildung räumlich differenzierter Trends ist für kleinräumige Haushaltsprognosen ergebnisrelevant. Die Trends ergeben sich zum einen aus der kleinräumigen Bevölkerungsentwicklung und zum anderen aus den Veränderungen des Haushaltsbildungsverhaltens. Um die oben gestellte Frage zu beantworten, wurden zunächst die Veränderungen von Anzahl und Größenstruktur der Haushalte in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg nach ihren räumlichen Ausprägungen - zunächst anhand der Literatur und frei zugänglichen Datenquellen - untersucht. Der Fokus der eigenen empirischen Untersuchungen lag auf dem Zeit-raum 1998 bis 2011. Als Hauptdatenquelle wurden Einzeldaten des Mikrozensus im Rahmen von Scientific-Use-Files und der kontrollierten Datenfernverarbeitung genutzt.
Um die Bedeutung des Haushaltsbildungsverhaltens beurteilen zu können, musste es operationalisiert werden. Als Grundgerüst diente das Haushaltsvorstandsquotenverfahren, welches jedoch an die Erfordernisse der Untersuchung angepasst werden musste. Aufbauend auf der Operationalisierung wurde mithilfe eines selbst weiterentwickelten Standardisierungsverfahrens der Einfluss des Haushaltsbildungsverhaltens auf die Haushaltsentwicklung bestimmt. Um Aussagen für kleinräumige Entwicklungen treffen zu können, wurden im nächsten Schritt die räumlich und nach Altersgruppen differenzierten Haushaltsvorstands-quoten auf Gemeinden in Sachsen übertragen. Diese Vorgehensweise wird auch in kleinräumigen makroanalytischen Haushaltsprognosen angewendet. Die Berechnungen erfolgten für alle Gemeinden in fünf Varianten und darüber hinaus für ausgewählte Gemeinden des Dresdener Umlandes mit einer Variante auf Basis von kommunalen Daten der Haushaltegenerierung (HHGen). Die Bedeutung der räumlichen Differenzierung ließ sich schließlich durch den Vergleich der Varianten mit der Referenzvariante ohne räumliche Differenzierung sowie dem Vergleich zwischen den vier Varianten der räumlichen Differenzierung messen.
Als am besten für die demographisch ausgerichtete Untersuchung geeignet, stellte sich die Definition der Haushaltsbezugsperson nach dem ältesten Haushaltsmitglied heraus. Die anhand des Lebenszykluskonzeptes und altersjahrspezifischer Ausprägungen gewählten acht bzw. sieben Altersgruppen erwiesen sich für räumliche Betrachtungen als günstig und wiesen nur geringe Unterschiede zu altersjahrspezifischen Berechnungen auf. Das Haushaltswachstum in Deutschland betrug im Betrachtungszeitraum 7,7 %. 3,0 % Haushaltswachstum lassen sich auf die Veränderung des Haushaltsbildungsverhaltens zurückführen. Altersstruktureffekte tragen zu einem Wachstum von 5,3 % bei, während dagegen die Veränderung der Bevölkerungszahl bei Ausschluss der anderen Einflussgrößen, zu einem Rückgang von 0,5 % geführt hätte. Die Veränderung des Haushaltsbildungsverhaltens hatte im Betrachtungszeitraum für die Haushaltsentwicklung zweifelsfrei eine hohe Relevanz. Der Einfluss des Haushaltsbildungsverhaltens war im Betrachtungszeitraum für ostdeutsche Bundesländer besonders hoch und in Sachsen mit 8,0 % am höchsten. In Westdeutschland unterschied sich der Einfluss des Haushaltsbildungsverhaltens auf Bundesländerebene deutlich. Darüber hinaus sind insbesondere Stadt-Land-Unterschiede feststellbar. Der Einfluss von stadtregionalen Einflüssen ist aufgrund fehlender Raumkategorien dagegen nicht nachweisbar. Die Erhebungsumstellung des Mikrozensus im Jahr 2005 hat Auswirkungen auf die berechneten Ergebnisse der Haushaltsstruktur und des Haushaltsbildungsverhaltens. Sondereffekte durch die gehäufte Einführung von Zweitwohnsitzsteuern und die sog. Hartz-IV-Reform lassen im Vergleich zu HHGen-Daten Dresdens den Schluss zu, dass es im Zeitraum der Erhebungsumstellung zu einer erhöhten Haushaltsverkleinerung gekommen ist und es sich somit nicht ausschließlich um einen reinen methodischen Effekt handelt. Zu Verzerrungen der regionalen und nach Gemeindetypen differenzierten Ergebnisse können insbesondere Gebietsreformen, Statuswechsel durch dynamische Prozesse sowie Konzeptumstellungen der Typisierungen führen. Am stärksten wirkten sich diese Veränderungen auf den Bevölkerungsmengeneffekt, weniger auf den Verhaltenseffekt aus. Auf Gemeindeebene ergab sich ebenso eine hohe Relevanz des Haushaltsbildungsverhaltens für die Haushaltsentwicklung. Im Maximum führte die räumliche Differenzierung zu einer Abweichung von neun Prozentpunkten im Vergleich zur Referenzvariante. Die Spannweite (R) zwischen den Varianten der räumlichen Differenzierungen ist in Mittelstädten und suburbanen Gemeinden besonders hoch. Für die untersuchten Mittelstädte ist ein Regionaleffekt verantwortlich, d. h. die regionale Differenzierung von Gemeindegrößenklassen führte zu einer Erhöhung der rechnerischen Haushaltsentwicklung.
Aus den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass von den räumlichen Differenzierungen im Mikrozensus als Ausgangsbasis zunächst Gemeindegrößenklassen am besten geeignet sind. Diese sollten mindestens nach West- und Ostdeutschland unterschieden werden. Die Regionalisierung nach (zusammengefassten) Bundesländern oder zusammengefassten Raumordnungsregionen ist anzustreben, jedoch nur unter großer Sorgfalt umsetzbar, da sonst die Fallzahlen zu gering und der Stichprobenfehler zu hoch werden. Für kleinräumige Haushaltsprognosen ist das Risiko von Fehlprognosen durch die Unterlassung von räumlichen Differenzierungen weitaus höher ist als durch deren Berücksichtigung. Das räumliche Auswertungspotenzial des Mikrozensus ist sehr hoch. Es kann jedoch gegenwärtig nicht voll ausgeschöpft werden. Notwendig wären nachträgliche Gebietsstandsbereinigungen sowie die künftige und rückwirkende Aufnahme geeigneter räumlicher Differenzierungen, die den stadtregionalen Kontext explizit berücksichtigen. / The present study addresses the question of the significance of spatial differentiation of household formation behaviour for the results of small-scale household projections. The structure of household sizes in Germany changed significantly since its first nationwide survey. These structural changes are marked by the permanent trend of household size diminishment and take place in varying degrees on macro, meso and micro level. Representing spatially differentiated trends as exactly as possible is of high relevance for the results of small-scale projections of households. These trends result in part from small-scale population development and, secondly, from the changes in household formation behaviour. To answer the question above, the changes in number and size structure of households in Germany after World War II were examined according to their spatial characteristics – as a start in literature and openly accessible data sources. The focus of this thesis’ empirical studies lies on period from 1998 to 2011. The main data source was micro data acquired in the micro-census. These data were used in the context of Scientific Use Files and controlled remote data processing. The assessment of the importance of household formation behaviour requires its operationalization. As backbone the head of household ratio method was used, which, however, had to be adapted to the requirements of the investigation.
Based on the operationalization a standardization method developed further in the context of this study was used to determine the influence of household formation behaviour on house-hold development. To be able to draw conclusions for small-scale developments, in a next step head of household ratios differentiated spatially and by age group were applied on municipalities in Saxony – analogous to the approach used in small-scale macro-analytical household projections. The calculations were made for all municipalities for five variants. Furthermore, an additional variant based on local data of household generation (HHGen) was calculated for selected municipalities surrounding Dresden. The importance of spatial differentiation was measured by comparing the variants with a reference calculation without spatial differentiation as well as by comparing between the four variants with spatial differentiation.
The definition of the eldest household member as household head proved to be most suitable for demographic studies. Seven respectively eight age groups based on life cycle concept were found to be suitable for spatial considerations and showed only minor differences to year-of-age specific calculations. The number of households increased by 7.7% in the analysis period. 3.0% can be attributed to the change in household formation behaviour. Age structure effects contribute to a growth of 5.3%, whereas the change in population - excluding other influences - would have led to a decline in household numbers of 0.5%. The change in household formation behaviour was doubtless of high relevance in the analysis period. The influence of household formation behaviour in the analysis period was particularly high for East Germany, with the maximum in Saxony (8.0%). In West Germany, the influence of household formation behaviour differed significantly for the different federal states (Länder). Moreover, especially urbanrural differences are noticeable. Urban-suburban interrelations are, however, undetectable due to lack of spatial categories. The change in survey methods for the micro-census in 2005 affects the results of household structure and the calculated household formation behaviour. Compared to HHGen data of Dresden, special effects by the frequent introduction of taxes on secondary residences and the socalled “Hartz IV reform” lead to the conclusion, that an increased household size reduction has taken place in the period of change in survey methods. Consequently, this is not merely a methodological effect. Reforms of regional structures, changes in status caused by dynamic processes as well as changes in concepts of typification may lead to biased regionally differentiated and municipal results. The highest impact of these changes was discovered on population quantity effect, less on the behaviour effect. At municipal level, household formation behaviour showed a high relevance for household development. Spatial differentiation led to a maximal deviation of nine percentage points compared to the reference calculation. The range between the variants of spatial differentiation is particularly high in medium-sized towns and suburban municipalities. For the medium-sized towns this is due to a regional effect: the regional differentiation of municipality size classes led to an increase in the determined household development.
The results lead to the conclusion that, choosing from the spatial differentiation possibilities in the micro-census, differentiation on municipality level is most suited as a basis. These should be differentiated at least into West and East Germany. Regionalization to (combined) federal states (Länder) or combined spatial planning regions (Raumordnungsregionen) is desirable. However, it can be implemented only with great care, as there are only a limited number of cases and the sampling error would be too high. For small-scale household projections the risk of incorrect predictions by the omission of spatial differentiation is is much higher than by taking them into account. The potential of spatial analysis of the micro-census is very high, but cannot be exploited to the fullest at the time being. Subsequent territorial adjustments would be necessary, as well as future and retroactive inclusion of appropriate spatial differentiations which explicitly take into account the intraregional context.
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