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A Strong Conservative Mandate? - Möglichkeiten und Grenzen konservativer Politik am Beispiel der Reformdebatte um Social Security während des 109th United States Congress / A Strong Conservative Mandate? - Chances and Limitations of Conservative Politics Exemplified by the Debate Over Social Security Reform During the 109th United States Congress

Vor dem Hintergrund der Erfolge und Niederlagen der Tea Party-Bewegung in der amerikanischen
Politik während der letzten Jahre stellt sich die Frage, welcher Voraussetzungen es bedarf, in den
USA konservative Politik auf nationaler Ebene durchzusetzen. Um dies zu beantworten, wird in der
Dissertation Präsident George W. Bushs Versuch analysiert, Social Security durch eine
(Teil-)Privatisierung der in dem Programm beinhalteten staatlichen Rentenversicherung zu
reformieren. Bush kündigte den Reformplan direkt nach seiner Wiederwahl 2004 an, die Umsetzung
scheiterte jedoch im 109. U.S. Kongress. Anlass für die Reformpläne waren Prognosen, nach denen
aufgrund des demografischen Wandels Social Security ohne Anpassungen ab dem Jahr 2018 mehr
an Bezügen auszahlen müsste, als es an Beiträgen durch Steuern einnehmen würde. Eine
(Teil-)Privatisierung des Programms wäre eine weitreichende und symbolträchtige Reform
zugunsten konservativer Politikziele gewesen. Social Security ist nicht nur ein fundamentaler
Bestandteil der amerikanischen Sozialpolitik, es hat zudem als staatliches Programm eine
Sonderstellung in dem zu großen Teilen auf Privatvorsorge ausgerichteten System sozialer
Sicherungen inne. Für viele Konservative steht es seit seiner Einführung während der New DealÄra
für staatliche Bevormundung und gehört zugunsten individueller Privatvorsorge abgeschafft.
Social Security ist trotz derartiger Kritik nicht nur über die Jahrzehnte gewachsen, sondern verfügt
neben der entschiedenen Unterstützung durch Liberale auch über eine mehrheitliche Zustimmung in
der Bevölkerung.
Von zentraler Bedeutung für die Bewertung der Chancen konservativer Politikumsetzung ist die
Tatsache, dass der moderne amerikanische Konservatismus eine Koalition verschiedener
Gruppierungen darstellt. Innenpolitisch wird er vor allem durch libertäre und sozialkonservative
Ideale geprägt. Geeint werden die verschiedenen konservativen Ansätze unter anderem durch die
Ablehnung des modernen amerikanischen Liberalismus. Neben vielen Gemeinsamkeiten besteht
jedoch auch Konfliktpotenzial zwischen den jeweiligen Hauptanliegen der unterschiedlichen
konservativen Fraktionen.
Für die Analyse der Reformdebatte greift die Dissertation auf John W. Kingdons Multiple Streams-
Theorie zurück. Nach dieser müssen die Entwicklungen in drei verschiedenen streams günstig sein,
damit sich ein Zeitfenster für eine mögliche Reform öffnet (opportunity window). Dazu zählen der
problem-, der policy- und der politics stream. Die Analyse zeigt, dass zum Zeitpunkt der
Reformdebatte die Voraussetzungen für ein opportunity window in keinem der drei streams
eindeutig gegeben waren. Ein Problembewusstsein in Hinblick auf die Zukunft von Social Security
war zwar in weiten Teilen der Öffentlichkeit vorhanden, es gab aber Uneinigkeit über Gewichtung
und Dringlichkeit des Problems. Große ideologische Differenzen zwischen amerikanischen
Liberalen und Konservativen bestanden sowohl bei der Bewertung des Problemgrades als auch bei
der Frage der grundsätzlichen Aufgaben und Gestaltung von Sozialpolitik. Zudem gab es ganz
konkret Zweifel, ob die Reformvorschläge die Probleme überhaupt lösen könnten. Experten übten
unter anderem Kritik an den Umstellungskosten und äußerten Skepsis gegenüber der seitens des
Weißen Hauses angenommenen Höhe der Rendite von Privatkonten. Auch in der
Gesamtbevölkerung existierten große Bedenken gegenüber den Reformplänen. Innerhalb der
republikanischen Wählerschaft fehlte zudem eine eindeutige Mehrheit für die Reformen - gerade
die für die Republikaner wichtige Wählergruppe der Rentner stand einer Teilprivatisierung in
weiten Teilen ablehnend gegenüber und für sozialkonservative Wähler standen eher Wertefragen im
Mittelpunkt. Die Unterstützung durch konservative Interessengruppen fiel ebenfalls eher verhalten
aus, wohingegen liberale Interessengruppen in entschiedene Opposition gingen. Angesichts einer
fehlenden einheitlichen Position innerhalb der republikanischen Fraktionen im Abgeordnetenhaus
und Senat sowie einer Sperrminorität der Demokraten im Senat reichten letztendlich auch die
republikanischen Mehrheiten im Kongress nicht für eine Reform aus.
Neben den schwierigen Bedingungen innerhalb der streams wurden seitens des Weißen Hauses
außerdem Fehler beim Zusammenbringen der streams, dem coupling, begangen. Am schwersten
wogen dabei die mangelnde Koordination der Reformpläne mit Interessengruppen und insbesondere
dem Kongress.
Die gescheiterte Social Security-Reform verdeutlicht, dass der Konservatismus in den USA eine
Koalition verschiedener Interessen ist. Um diese intern auszugleichen und extern durchzusetzen,
braucht es Debatten und Kompromisse, sowohl innerhalb der konservativen Koalition als auch
außerhalb mit den nicht konservativen politischen Akteuren.

Identiferoai:union.ndltd.org:uni-goettingen.de/oai:ediss.uni-goettingen.de:11858/00-1735-0000-0022-5F61-B
Date11 June 2013
CreatorsEckert, Christian
ContributorsLösche, Peter Prof. Dr.
Source SetsGeorg-August-Universität Göttingen
Languagedeu
Detected LanguageGerman
TypedoctoralThesis

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