Insolvenzprognosen und Ratings sind wichtige Aufgaben der Finanzbranche und dienen der Kreditwürdigkeitsprüfung von Unternehmen. Eine Möglichkeit dieses Aufgabenfeld anzugehen, ist maschinelles Lernen. Dabei werden Vorhersagemodelle aufgrund von Beispieldaten aufgestellt. Methoden aus diesem Bereich sind aufgrund Ihrer Automatisierbarkeit vorteilhaft. Dies macht menschliche Expertise in den meisten Fällen überflüssig und bietet dadurch einen höheren Grad an Objektivität. Allerdings sind auch diese Ansätze nicht perfekt und können deshalb menschliche Expertise nicht gänzlich ersetzen. Sie bieten sich aber als Entscheidungshilfen an und können als solche von Experten genutzt werden, weshalb interpretierbare Modelle wünschenswert sind. Leider bieten nur wenige Lernalgorithmen interpretierbare Modelle. Darüber hinaus sind einige Aufgaben wie z.B. Rating häufig Mehrklassenprobleme. Mehrklassenklassifikationen werden häufig durch Meta-Algorithmen erreicht, welche mehrere binäre Algorithmen trainieren. Die meisten der üblicherweise verwendeten Meta-Algorithmen eliminieren jedoch eine gegebenenfalls vorhandene Interpretierbarkeit.
In dieser Dissertation untersuchen wir die Vorhersagegenauigkeit von interpretierbaren Modellen im Vergleich zu nicht interpretierbaren Modellen für Insolvenzprognosen und Ratings. Wir verwenden disjunktive Normalformen und Entscheidungsbäume mit Schwellwerten von Finanzkennzahlen als interpretierbare Modelle. Als nicht interpretierbare Modelle werden Random Forests, künstliche Neuronale Netze und Support Vector Machines verwendet. Darüber hinaus haben wir einen eigenen Lernalgorithmus Thresholder entwickelt, welcher disjunktive Normalformen und interpretierbare Mehrklassenmodelle generiert.
Für die Aufgabe der Insolvenzprognose zeigen wir, dass interpretierbare Modelle den nicht interpretierbaren Modellen nicht unterlegen sind. Dazu wird in einer ersten Fallstudie eine in der Praxis verwendete Datenbank mit Jahresabschlüssen von 5152 Unternehmen verwendet, um die Vorhersagegenauigkeit aller oben genannter Modelle zu messen.
In einer zweiten Fallstudie zur Vorhersage von Ratings demonstrieren wir, dass interpretierbare Modelle den nicht interpretierbaren Modellen sogar überlegen sind. Die Vorhersagegenauigkeit aller Modelle wird anhand von drei in der Praxis verwendeten Datensätzen bestimmt, welche jeweils drei Ratingklassen aufweisen.
In den Fallstudien vergleichen wir verschiedene interpretierbare Ansätze bezüglich deren Modellgrößen und der Form der Interpretierbarkeit. Wir präsentieren exemplarische Modelle, welche auf den entsprechenden Datensätzen basieren und bieten dafür Interpretationsansätze an.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass interpretierbare, schwellwertbasierte Modelle den Klassifikationsproblemen in der Finanzbranche angemessen sind. In diesem Bereich sind sie komplexeren Modellen, wie z.B. den Support Vector Machines, nicht unterlegen. Unser Algorithmus Thresholder erzeugt die kleinsten Modelle während seine Vorhersagegenauigkeit vergleichbar mit den anderen interpretierbaren Modellen bleibt.
In unserer Fallstudie zu Rating liefern die interpretierbaren Modelle deutlich bessere Ergebnisse als bei der zur Insolvenzprognose (s. o.). Eine mögliche Erklärung dieser Ergebnisse bietet die Tatsache, dass Ratings im Gegensatz zu Insolvenzen menschengemacht sind. Das bedeutet, dass Ratings auf Entscheidungen von Menschen beruhen, welche in interpretierbaren Regeln, z.B. logischen Verknüpfungen von Schwellwerten, denken. Daher gehen wir davon aus, dass interpretierbare Modelle zu den Problemstellungen passen und diese interpretierbaren Regeln erkennen und abbilden.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-goettingen.de/oai:ediss.uni-goettingen.de:11858/00-1735-0000-0028-8779-4 |
Date | 10 May 2016 |
Creators | Obermann, Lennart |
Contributors | Waack, Stephan Prof. Dr. |
Source Sets | Georg-August-Universität Göttingen |
Language | English |
Detected Language | German |
Type | doctoralThesis |
Rights | http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/ |
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