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Wissen, wo man hingehört - Das Phänomen Adoption

Geborgenheit im Schutze der Familie ist eine der grundlegendsten Erfahrungen, auf die sich eine gesunde Lebensbewältigung und lebensbejahende Einstellung gründen kann.
Ist die leibliche Familie nicht in der Lage, dauerhaft für ein Kind zu sorgen, kann die Adoption eine Möglichkeit sein, für betreffende Kinder allseitig förderliche Bedingungen des Aufwachsens zu schaffen. Die Sorge fremder Eltern um heimatlose Kinder ist im historischen Rückblick bereits frühzeitig nachweisbar und auch im Tierreich bekannt. Adoption ist ein Lebensphänomen.
In der Literatur sind nicht wenige Arbeiten damit befasst, das Phänomen der Adoption als ein Wagnis zu betrachten, gestützt auf Beispiele schwieriger Entwicklungswege betroffener Kinder. Gleichsam umgibt das Adoptionsthema eine Aura des Besonderen, da dieses Zusammenleben von der Normfamilie abweicht. Wenngleich empirische Forschung belegt, dass die meisten Adoptierten gut angepasst sind und vergleichbare Entwicklungsergebnisse wie Nichtadoptierte erzielen, hält sich ein defizitorientierter Blick bis heute und mündet in einer individuellen und gesellschaftlichen Stigmatisierung und Tabuisierung, natürlich nicht ohne Folgen für die Adoptierten selbst.
Die vorliegende Studie hat die reale Adoptionserfahrung im Fokus. Es wird untersucht, wie adoptierte Menschen konkret ihren Werdegang begreifen, wie sie den Fakt des Adoptiertseins verarbeiten oder verarbeitet haben und welchen Haltungen sich hieraus ergeben. Das geschieht anhand einer selbst selektierten Stichprobe von 97 adoptierten Jugendlichen und Erwachsenen.
Basierend auf Bindungstheorie, Selbstkonzept und Identitätsentwicklung werden weitere adoptionsrelevante Themengebiete beleuchtet und mit empirischen Forschungsdaten in Beziehung gesetzt. Methodisch wurde eine breite Palette adoptionsrelevanter Daten mittels Fragebogen erfasst, mit Freiräumen für persönliche Ergänzungen.
Die Auswertung erfolgte mittels deskriptiver Häufigkeitsauszählung und geeigneten bivariaten Analysen, um Einflussfaktoren auf den Verlauf der Adoptionsgeschichte zu eruieren. Eigene Ergänzungen der Teilnehmenden wurden mittels Bildung von Clustern ausgewertet, um Schwerpunktsetzungen herauszustellen.
Die Vielgestaltigkeit der Thematik Adoption samt aller Aspekte, die den Entwicklungsverlauf mitbestimmen, zeigt Chancen auf, dass Bindungsabbrüche in frühen Jahren und Ablehnungserfahrung keine zentralen Lebensthemen bleiben müssen – u. a. auch, weil man weiß, wo man hingehört. So lautet die Kernhypothese.
Die Ergebnisse zeigen, dass trotz unterschiedlicher Adoptionserfahrungen der Großteil der Befragten ein zufriedenes Leben führt. Zusammenfassend ergeben sich drei Schwerpunkte, mit denen sich die Teilnehmenden dieser Studie vorrangig beschäftigen. Es geht um die Bedingungen im Adoptivelternhaus, um die Notwendigkeit einer offenen Kommunikation über die Adoption und um das Bedürfnis nach Akzeptanz und Gleichberechtigung im alltäglichen Leben und in der Gesellschaft überhaupt.
Die Arbeit folgt mit ihrer Veröffentlichung dem Anliegen, Betroffene über Forschungsergebnisse zu informieren und Mut zu machen, sich mit ungelösten Fragestellungen auseinanderzusetzen. Diese Arbeit stützt das Anliegen der modernen Adoptionsforschung, Lebensverläufe adoptierter Menschen zu studieren, um Anpassungsergebnisse zu verstehen und besser einordnen zu können. Ferner wird der Anspruch an die beteiligten Professionen gerichtet, empirische Daten der Adoptionsforschung in die Adoptionspraxis einfließen zu lassen, um Adoptierte und ihre Familien adäquat unterstützen zu können.:Einleitung 5
1. Theoretische Grundlagen 18
1.1 Bindung 18
1.1.1 Das Entstehen von Bindungen 20
1.1.2 Prägung durch frühe Bindungserfahrung – das „Innere Arbeitsmodell“ 22
1.1.3 Die Bindungsqualität 23
1.1.4 Was kann die Bindungsentwicklung beeinflussen? 25
1.1.5 Bindung und Persönlichkeitsentwicklung 31
1.1.6 Zur Stabilität von Bindungen 31
1.1.7 Bindung aus neurobiologischer Sicht 34
1.1.8 Trennung und Verlust aus Sicht der Bindungstheorie 38
1.1.9 Bindungsstörungen 42
1.1.10 Bindung und Adoption 44
1.1.11 Bindungstheorie und Kindeswohl 55
1.2 Das Selbstkonzept 58
1.2.1 Vorläufer der Selbstkonzeptforschung 58
1.2.2 Selbst und Selbstkonzept in der Psychologie der Gegenwart 59
1.2.3 Grundlegende Mechanismen der Selbsterkenntnis 60
1.2.4 Selbstkonzeptentwicklung - Veränderung des Selbst über die Lebensspanne 64
1.2.5 Theorien zum Selbstkonzept 69
1.2.6 Zur Bedeutung des Selbstkonzeptes im Kontext Adoption 74
1.3 Identität – eine andere Form des Selbstverständnisses? 78
1.3.1 Die Aneignung von Identität 83
1.3.2 Der Ausdruck von Identität 86
1.3.3 Identität als Therapieziel 87
1.3.4 Besonderheit der Identitätsarbeit bei Adoptierten 89
2. Adoptionsforschung 100
2.1 Adoption – Risiko oder Schutzfaktor? 103
2.2 Erholungsprozesse im Fokus 111
2.2.1 Wegweisende Studien zum Erholungseffekt 111
2.3 Die Erforschung weiterer Determinanten des Adoptionsprozesses 115
2.3.1 Zur Beziehungsgestaltung in Adoptivfamilien 116
2.3.2 Bindung und Adoption in der Forschung 120
2.3.3 Forschung zur Adoptionsidentität 122
2.3.4 Neurobiologische Erklärungsansätze 123
2.4 Unterstützung für Adoptierte und ihre Familien 128
2.5 Postadoptive Entwicklungsverläufe über die Lebensspanne 131
2.6 Ausblick 134
3. Existenzielle Themen adoptierter Menschen 137
3.1 Mythos und Stigmatisierung 137
3.2 Offenheit 149
3.2.1 Das kindliche Verständnis von Adoption 149
3.2.2 Kontaktsuche und Kontaktgestaltung 153
3.3 Trennung und Verlust 164
3.3.1 Wahrnehmung und Verarbeitung des Verlustes 164
3.3.2 Die dauerhafte Trennung von der Bezugsperson 166
3.3.3 Eine andere Perspektive: Adoptionsbezogener Verlust - sozial konstruiert? 167
3.4 Verwandt sein durch Adoption 175
3.4.1 Verwandtschaftskonzepte 176
3.4.2 Ist Blut dicker als Wasser? 177
3.4.3 Genetische versus psychologische Verwandtschaft 180
3.4.4 Wird Verwandtschaft individuell anders erlebt? 181
3.4.5 Können sich adoptierte Menschen verwandt fühlen? 183
3.5 Versöhnung 185
3.5.1 Was bedeutet Versöhnung? 186
3.5.2 Wie kann sich Versöhnung entwickeln? 186
3.5.3 Versöhnung und Adoption 188
3.6 Adoption als zweitbester Weg? - Das Denken über die Adoption 191
3.6.1 Die Sichtweise der Adoptiveltern 192
3.6.2 Die Sichtweise der Adoptierten 194
3.6.3 Die veränderte Sichtweise der Entwicklungspsychologie 195
3.6.4 Was denken (wissen) die Behandler? 197
3.7 Die reale Adoptionserfahrung aus Sicht der Adoptiveltern 198
3.7.1 Die Adoptionsentscheidung 200
3.7.2 Das Erleben der Adoption 204
4. Auswertung 207
4.1 Gegenstand der Untersuchung 207
4.2 Methode 207
4.3 Statistische Analysen 208
4.3.1 Die Information über den Adoptionsstatus 212
4.3.2 Die Rolle des Umfeldes 217
4.3.3 Die Bedingungen in der Adoptivfamilie 222
4.3.4 Die Umstände der Adoption 229
4.3.5 Der Kontakt mit der Herkunftsfamilie 232
4.3.6 Offene Fragen 239
4.3.7 Identität, Werte und Normen 241
4.3.8 Prägende Erfahrungen im Zusammenhang mit der Adoption 245
4.3.9 Die Auseinandersetzung mit der Adoptionsbiografie 247
4.3.10 Der Rückblick auf die Adoptionsgeschichte 250
4.3.11 Der persönliche Anteil am Verlauf der Adoptionsgeschichte 250
4.3.12 Ergänzung persönlich wichtiger Inhalte der Probanden 252
5. Zusammenfassung 255
5.1 Tendenz der Lebensthemen adoptierter Menschen 258
5.1.1 Wissen und darüber sprechen 258
5.1.2 Was kann das Umfeld tun? 259
5.1.3 Welche Adoptiveltern wünschen sich die Adoptierten? 261
5.1.4 Kontakt zur Herkunftsfamilie - ja oder nein? 263
5.1.5 Der Umgang mit der Adoptionsgeschichte 265
5.2 Der Versuch einer Integration 270
Literaturverzeichnis 274
Tabellenverzeichnis: 328
Anlage 1: Fragebogen 331
Anlage 2: Reformbestrebungen zum Adoptionswesen in Deutschland 357

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:75568
Date11 August 2021
CreatorsGoldhahn, Andrea
ContributorsRudolph, Udo, Kopp, Johannes, Technische Universität Chemnitz
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation10.23668/psycharchives.5032

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