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Männlichkeitskonstruktionen und ‚Female Masculinity’ in Charlotte Brontës Roman Jane Eyre

Aus literaturwissenschaftlicher Position heraus argumentiert Christine Borsch (M. A., M. Ed.) in ihrem anglistischen Beitrag, Männlichkeitskonstruktionen und ‚Female Masculinity‘ in Charlotte Brontës Roman Jane Eyre. Bescheinigt sie doch ihrem Untersuchungsgegenstand – Brontës viel beforschtem feministischem ‚Kult-Roman‘ von 1847 – die Qualität, ästhetisch ein Wissen zu gestalten, das erst von der gegenwärtigen Geschlechterforschung theoretisiert und formuliert ist. Borsch nähert sich dem genderrelevanten Bedeutungspotenzial des Romans, der mit dem rollentransgressiven Ausgangsprofil seiner Heldin wie mit seinem regressiven Ende an Astons deutschsprachigen Roman unmittelbar ‚anzugrenzen‘ scheint, indessen nicht mit Butler, sondern mit prominenten Theoremen der Masculinity Studies. Im Rekurs auf Connell, Kimmel und insbesondere Halberstam leistet Borsch nicht nur eine Neuausrichtung des analytischen Blicks auf die männlichen Figuren mit ihrem ‚Geschlechtsrollenstress‘ und ihren scheiternden Versuchen, Geschlechtsidentitäten und soziale Beziehungen innerhalb der engen Grenzen der viktorianischen Geschlechterordnung zu leben. Es gelingt auch ein neuer, begrifflich präziserer Blick auf die Protagonistin und ihre prekäre Weiblichkeit. Jane, die den ‚weiblichen‘, privaten Bereich nur als provokante Begrenzung erlebt und, so Borsch, alle Kategorien kultureller Rollenvorgaben sprengt, die sich selbst ‚männlich‘ attribuiert und von ihrer Umwelt als „animal“, „alien“ und „queer little thing“ bezeichnet wird, erscheint mit Halberstam nun als literarische Präfiguration einer ‚Femal Masculinity‘ außerhalb des Geschlechterbinarismus, wo die Koppelung von biologischem Körper, Begehren und Verhalten gelöst sind, geschlechtliche Fixierungen entgrenzt und Positionswechsel nicht sanktionsbedürftig, sondern Ausdruck universeller ‚Genderfluity‘. Mehr noch: In diesem Zugang entfaltet sich das Aktualitätspotenzial dieses Traditionstextes – es liegt, so die Verfasserin, im vorausschauenden, kreativen Umgang mit lebensweltlichen Zwängen.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:84963
Date02 May 2023
CreatorsBorsch, Christine
PublisherLeipziger Universitätsverlag
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:bookPart, info:eu-repo/semantics/bookPart, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation978-3-96023-168-4

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