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Der Beitrag narrativer Texte für die ethische Bildung im Philosophie-und EthikunterrichtMerkel, Linda 11 November 2020 (has links)
Ziel dieser Untersuchung ist es, den Einsatz fiktiver narrativer Texte im Ethik- und Philosophieunterricht zur Förderung der ethischen Bildung zu begründen. Ethische Bildung umfasst die sogenannte ethische Reflexionskompetenz, in der die Beschäftigung mit individualethischen Fragen des guten Lebens sowie normativen Fragen Berücksichtigung findet. Um sich mit diesen Fragen auseinandersetzen zu können, müssen Schüler*innen über bestimmte ethische Fähigkeiten verfügen. Diese Fähigkeiten sind in den Kompetenzfeldern „Wahrnehmen und Deuten“, „Perspektiven einnehmen“ sowie „Argumentieren und Urteilen“ zusammengefasst.
Martha Nussbaums ethische Literaturtheorie fungiert als Ausgangspunkt, um die produktiven Wirkungsweisen narrativer Texte auf einen didaktischen Kontext zu übertragen. Bestimmte narrative Texte fördern die Wahrnehmungs- und Deutungskompetenz, indem sie durch ihren ethischen Gehalt ethische Fragen zuallererst aufwerfen. Durch ihre formale Gestaltung eignen sich narrative Texte außerdem, um die Wahrnehmung ethisch relevanter Aspekte einer Situation zu fördern. Das besondere Potenzial narrativer Texte liegt außerdem in der Vermittlung fremder Perspektiven. Die Einnahme fremder Perspektiven ist eine wichtige Voraussetzung, um eine multiperspektivisch informierte Urteilsbildung anzuregen. Somit können narrative Texte auch die Argumentations- und Urteilsfähigkeit befördern.
Trotz all dieser Vorzüge sind ihrem Einsatz Grenzen gesetzt. Narrative Texte können unterschiedlichste emotionale Reaktionen hervorrufen, was wiederum hinderlich für die Urteilsbildung sein kann. Eine produktive Integration der affektiven Komponente narrativer Texte ist jedoch möglich, indem die Lehrkraft diese als Anlass zur Reflexion von Emotionen nimmt. Die philosophische Theoretisierung des Gelesenen sowie der diskursive Austausch innerhalb der Lerngruppe ermöglichen es, das vielfältige und lohnende Potenzial narrativer Texte für die ethische Bildung auszuschöpfen. / In this dissertation, I argue that fictional narrative texts can make a valuable contribution to the ethic education in philosophy and ethics classes. Ethic education comprises the ability to contemplate on individual ethical questions about the good life as well as normative questions. To deal with these questions, students must have several competencies at their disposal. These competencies split up into the fields of "Perceiving and interpreting", "Taking perspectives" and "Arguing and assessing".
Martha Nussbaum's ethical literary criticism serves as a starting point to apply the productive effects of narrative texts to a didactic context. Several narrations promote the ability to perceive and interpret by prompting ethical questions in the first place. Due to their formal composition, narrative texts can foster the perception of ethically relevant aspects of a situation. Another productive potential of narrations lies in the conveying of unfamiliar perspectives. The ability to take on different perspectives is a crucial prerequisite to encourage well-informed and balanced judgments. Therefore, narrative texts contribute to the ability to assess ethical problems, too.
Despite these merits, there are limits to the use of narrations in ethics classes. Narrative texts may encourage a variety of emotions, which may obstruct the assessment of ethical questions. However, the productive integration of the affective component of narrations is feasible by encouraging the students to reflect upon their emotions. A philosophical theorization of the narrative texts read in class as well as a lively discourse among the learners allows for narrative texts to unfold their diverse and promising potential.
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