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Gefühltes Wohnen / Emotional Spaces. The Role of the Individual Housing Biography for a Good and Successful Living in Old AgeGünther-Luckow, Caroline 23 November 2017 (has links) (PDF)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Wohnen und dem Älter-Werden. Ein Ziel ist es, die Voraussetzungen zu definieren, die ein „gutes und gelingendes“ Wohnen im Alter ermöglichen können. Basierend auf der Annahme, dass das Wohnen die Grundlage für das alltägliche Leben ist, wird die Kompetenz zu wohnen als eine Fähigkeit betrachtet, die nicht von Beginn des Lebens an vorhanden ist, sondern erst erlernt werden muss (vgl. Hahn 2008). Für den Menschen ist das Wohnen ein Grundbedürfnis, dessen Bedeutung sich im Laufe des Lebens, insbesondere im Alter, verändert. Entsprechend ist ein weiteres Anliegen dieser Forschungsarbeit, neben Studien zum architektonischen Raum, das Wissen über die Phänomene des Alterns zu erweitern. Es soll der Frage nachgegangen werden, welche Faktoren diese Lebenszeit maßgeblich kennzeichnen.
Bis 2060 wird ein drastischer Anstieg der über 65-Jährigen in Deutschland erwartet. Aufgrund steigender Lebenserwartung werden sich die Ansprüche und Bedürfnisse innerhalb der Gesellschaft verändern. Dies wird auch Konsequenzen für das Wohnen haben. Um auf diese Anforderungen reagieren zu können, ist die Entwicklung von passenden Wohnkonzepten notwendig. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen wie: Welche Erwartungen haben ältere Menschen an das Wohnen? Was bedarf es, um „gut und gelingend“ wohnen zu können? Sind Architekten und Architektinnen auf die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung vorbereitet und berücksichtigen ihre Planungen deren veränderte Anforderungen an das Lebens- und Wohnumfeld?
Um sich diesen Fragen anzunähern, steht eine empirische Untersuchung im Zentrum der Forschungsarbeit. Hierzu werden Interviews mit einer ausgewählten Gruppe älterer Menschen durchgeführt. Alle Gesprächspartner haben sich für eine spezifische Wohnform im Alter (das gemeinschaftliche Wohnen) entschieden. Die Zielsetzung der Erhebung ist es, mittels qualitativer Daten, die Bedeutung des Wohnens aus der Perspektive der befragten Personen zu verstehen. Gegenstand aller Interviews sind biografische Erzählungen, die ein Bild vom jeweiligen Leben zeichnen. Das Berichten über die Lebensereignisse bringt die Geschichten des Einzelnen zum Vorschein, wobei das Wohnen immer im Mittelpunkt steht. Die Vermutung, dass zwischen dem Entschluss, im fortgeschrittenen Lebensalter in ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu ziehen, und der individuellen Biografie ein Zusammenhang besteht, ist die grundlegende Annahme.
Die Forschungsarbeit ist in fünf Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel erfolgt die Einführung in das Thema, um im darauffolgenden zweiten Kapitel die herangezogenen Theorien, Studien und philosophischen Ansätze vorzustellen. Diese setzen sich mit Alterungsprozessen und Dimensionen des Wohnens auseinander. Im dritten Kapitel, dem Hauptteil der Arbeit, werden die Interviews analysiert. Als methodische Vorgehensweise wird eine qualitative Untersuchung gewählt, die auf zwei wissenschaftlichen Ansätzen gründet. Die Interviews werden nach der Grounded Theory von Glaser und Strauss (vgl. Strauss 1994, 1998) und der Beispielhermeneutik analysiert. Diese interpretierende Methodik ist bei der Theoriebildung hilfreich. Die Erkenntnisse aus der empirischen Studie führen dann im vierten Kapitel zur Diskussion der Ergebnisse, die schließlich in Kapitel 5 in der Schlussbetrachtung reflektiert und im Kontext des architektonischen Raumes betrachtet werden.
Die Arbeit zeigt, dass neben den bekannten Faktoren des gebauten Raumes eine weitere, sehr wichtige Dimension existiert, die das individuelle Raumverständnis beeinflusst. Es handelt sich um einen emotionalen Raum, der beim Wohnen, und damit beim Prozess der Raumaneignung, entsteht. Der emotionale Raum konstituiert sich aus affektiven Phänomenen, die nach Demmerling und Landwehr (2007) Emotionen, Empfindungen und Stimmungen sind. Affektive Phänomene sind für das Entstehen von Stimmungen und Empfindungen, die als körperlich-leibliche Gefühlsregung vorhanden sind, verantwortlich und können bei allen Interviewten identifiziert werden. Der Philosoph Hermann Schmitz beschreibt das Wohnen als eine Zusammenführung von leiblichem Raum, Gefühlsraum und Außenraum (Schmitz 2007). In seiner Leibtheorie geht es vornehmlich um das „Spüren am eigenen Leib“ und das „Fühlen der Gefühle“. Abweichend dazu werden die in der Forschungsarbeit entdeckten Gefühlsphänomene nicht als objektive Gegebenheiten in der Welt verstanden, sondern als individuelle affektive Phänomene, hervorgehend aus den Verstrickungen mit dem eigenen Leben.
In der empirischen Arbeit zeigt sich ein physisch nicht wahrnehmbarer Ort, der dennoch vorhanden und oft auch leiblich spürbar wird. Beim Erzählen tauchen die Gesprächspartner innerlich in einen Raum ein, holen vergangene Gefühle hervor, geben Geschichten wieder und lassen Erinnerungen aufleben. Dabei wird die substantielle Relation zwischen Raum und Emotionen sichtbar. Beziehungen und Erlebnisse, die sich im architektonischen Raum ereignen, lösen Emotionen aus und verleihen dem Raum damit eine besondere Bedeutung. Infolgedessen erweist sich der bewohnte Raum als identitätsstiftend, der stets in Beziehung zu den einzelnen Lebensphasen steht. Beim Erzählen werden die Verstrickungen mit den eigenen Lebensgeschichten sichtbar und die emotionalen Räume treten in Erscheinung. Diese stellen den konkreten Bezug zum jeweiligen dreidimensionalen Raum her. Aus dem konstanten Prozess des Wohnens entwickelt sich ein individuelles Raumverständnis. Insofern werden Entscheidungen für eine spezifische Wohnform im Alter von affektiven Phänomenen geleitet, die auf einer bewussten oder auch unbewussten Ebene getroffen werden.
Um architektonische Räume entsprechend den Bedürfnissen der älteren Bewohner entwerfen und planen zu können, erscheint es notwendig, das individuelle, alltägliche Leben zu verstehen. Die Herausforderung ist das Erfassen der individuellen Lebensgeschichte, die dann in einen räumlichen Zusammenhang gebracht werden soll. Aus diesen Erkenntnissen können die emotionalen Räume sichtbar werden, die für ein „gutes und gelingendes“ Wohnen im Alter relevant sind.
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Gefühltes Wohnen: Die Bedeutung der Wohnbiografie für ein "gutes und gelingendes" Wohnen im AlterGünther-Luckow, Caroline 14 September 2017 (has links)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Wohnen und dem Älter-Werden. Ein Ziel ist es, die Voraussetzungen zu definieren, die ein „gutes und gelingendes“ Wohnen im Alter ermöglichen können. Basierend auf der Annahme, dass das Wohnen die Grundlage für das alltägliche Leben ist, wird die Kompetenz zu wohnen als eine Fähigkeit betrachtet, die nicht von Beginn des Lebens an vorhanden ist, sondern erst erlernt werden muss (vgl. Hahn 2008). Für den Menschen ist das Wohnen ein Grundbedürfnis, dessen Bedeutung sich im Laufe des Lebens, insbesondere im Alter, verändert. Entsprechend ist ein weiteres Anliegen dieser Forschungsarbeit, neben Studien zum architektonischen Raum, das Wissen über die Phänomene des Alterns zu erweitern. Es soll der Frage nachgegangen werden, welche Faktoren diese Lebenszeit maßgeblich kennzeichnen.
Bis 2060 wird ein drastischer Anstieg der über 65-Jährigen in Deutschland erwartet. Aufgrund steigender Lebenserwartung werden sich die Ansprüche und Bedürfnisse innerhalb der Gesellschaft verändern. Dies wird auch Konsequenzen für das Wohnen haben. Um auf diese Anforderungen reagieren zu können, ist die Entwicklung von passenden Wohnkonzepten notwendig. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen wie: Welche Erwartungen haben ältere Menschen an das Wohnen? Was bedarf es, um „gut und gelingend“ wohnen zu können? Sind Architekten und Architektinnen auf die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung vorbereitet und berücksichtigen ihre Planungen deren veränderte Anforderungen an das Lebens- und Wohnumfeld?
Um sich diesen Fragen anzunähern, steht eine empirische Untersuchung im Zentrum der Forschungsarbeit. Hierzu werden Interviews mit einer ausgewählten Gruppe älterer Menschen durchgeführt. Alle Gesprächspartner haben sich für eine spezifische Wohnform im Alter (das gemeinschaftliche Wohnen) entschieden. Die Zielsetzung der Erhebung ist es, mittels qualitativer Daten, die Bedeutung des Wohnens aus der Perspektive der befragten Personen zu verstehen. Gegenstand aller Interviews sind biografische Erzählungen, die ein Bild vom jeweiligen Leben zeichnen. Das Berichten über die Lebensereignisse bringt die Geschichten des Einzelnen zum Vorschein, wobei das Wohnen immer im Mittelpunkt steht. Die Vermutung, dass zwischen dem Entschluss, im fortgeschrittenen Lebensalter in ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu ziehen, und der individuellen Biografie ein Zusammenhang besteht, ist die grundlegende Annahme.
Die Forschungsarbeit ist in fünf Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel erfolgt die Einführung in das Thema, um im darauffolgenden zweiten Kapitel die herangezogenen Theorien, Studien und philosophischen Ansätze vorzustellen. Diese setzen sich mit Alterungsprozessen und Dimensionen des Wohnens auseinander. Im dritten Kapitel, dem Hauptteil der Arbeit, werden die Interviews analysiert. Als methodische Vorgehensweise wird eine qualitative Untersuchung gewählt, die auf zwei wissenschaftlichen Ansätzen gründet. Die Interviews werden nach der Grounded Theory von Glaser und Strauss (vgl. Strauss 1994, 1998) und der Beispielhermeneutik analysiert. Diese interpretierende Methodik ist bei der Theoriebildung hilfreich. Die Erkenntnisse aus der empirischen Studie führen dann im vierten Kapitel zur Diskussion der Ergebnisse, die schließlich in Kapitel 5 in der Schlussbetrachtung reflektiert und im Kontext des architektonischen Raumes betrachtet werden.
Die Arbeit zeigt, dass neben den bekannten Faktoren des gebauten Raumes eine weitere, sehr wichtige Dimension existiert, die das individuelle Raumverständnis beeinflusst. Es handelt sich um einen emotionalen Raum, der beim Wohnen, und damit beim Prozess der Raumaneignung, entsteht. Der emotionale Raum konstituiert sich aus affektiven Phänomenen, die nach Demmerling und Landwehr (2007) Emotionen, Empfindungen und Stimmungen sind. Affektive Phänomene sind für das Entstehen von Stimmungen und Empfindungen, die als körperlich-leibliche Gefühlsregung vorhanden sind, verantwortlich und können bei allen Interviewten identifiziert werden. Der Philosoph Hermann Schmitz beschreibt das Wohnen als eine Zusammenführung von leiblichem Raum, Gefühlsraum und Außenraum (Schmitz 2007). In seiner Leibtheorie geht es vornehmlich um das „Spüren am eigenen Leib“ und das „Fühlen der Gefühle“. Abweichend dazu werden die in der Forschungsarbeit entdeckten Gefühlsphänomene nicht als objektive Gegebenheiten in der Welt verstanden, sondern als individuelle affektive Phänomene, hervorgehend aus den Verstrickungen mit dem eigenen Leben.
In der empirischen Arbeit zeigt sich ein physisch nicht wahrnehmbarer Ort, der dennoch vorhanden und oft auch leiblich spürbar wird. Beim Erzählen tauchen die Gesprächspartner innerlich in einen Raum ein, holen vergangene Gefühle hervor, geben Geschichten wieder und lassen Erinnerungen aufleben. Dabei wird die substantielle Relation zwischen Raum und Emotionen sichtbar. Beziehungen und Erlebnisse, die sich im architektonischen Raum ereignen, lösen Emotionen aus und verleihen dem Raum damit eine besondere Bedeutung. Infolgedessen erweist sich der bewohnte Raum als identitätsstiftend, der stets in Beziehung zu den einzelnen Lebensphasen steht. Beim Erzählen werden die Verstrickungen mit den eigenen Lebensgeschichten sichtbar und die emotionalen Räume treten in Erscheinung. Diese stellen den konkreten Bezug zum jeweiligen dreidimensionalen Raum her. Aus dem konstanten Prozess des Wohnens entwickelt sich ein individuelles Raumverständnis. Insofern werden Entscheidungen für eine spezifische Wohnform im Alter von affektiven Phänomenen geleitet, die auf einer bewussten oder auch unbewussten Ebene getroffen werden.
Um architektonische Räume entsprechend den Bedürfnissen der älteren Bewohner entwerfen und planen zu können, erscheint es notwendig, das individuelle, alltägliche Leben zu verstehen. Die Herausforderung ist das Erfassen der individuellen Lebensgeschichte, die dann in einen räumlichen Zusammenhang gebracht werden soll. Aus diesen Erkenntnissen können die emotionalen Räume sichtbar werden, die für ein „gutes und gelingendes“ Wohnen im Alter relevant sind.
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