Das molekulare Drehlager der ATP-Synthase
1.
Sechs verschiedene EF1-Deletionsmutanten mit verkürzten gamma-Untereinheiten wurden mittels PCR hergestellt. Die Deletionen befinden sich jeweils am C-terminalen Ende der Untereinheit und umfassen 3 (MM16), 6 (MM20), 9 (MM17), 12 (MM8), 15 (MM18) und 18 (MM19) Aminosäurereste.
2.
Durch einen Wachstumstest auf Succinat-Agarplatten wurde festgestellt, daß die von den Plasmiden pMM16, pMM20, pMM17 und pMM8 codierten ATP-Synthasen in E. coli DK8 funktionell exprimiert werden können, während pMM18 und pMM19 funktionsunfähige ATP-Synthasen liefern. Die Wachstumsgeschwindigkeit der DK8-Mutanten MM16, MM20 und MM17 auf Succinatmedium wird durch die Deletionen nicht beeinflußt. Hingegen besitzt E. coli DK8 pMM8 auf diesem Medium eine um etwa 33% geringere Wachstumsgeschwindigkeit.
3.
Die DK8-Klone MM16, MM20, MM17 und MM8 wurden für die Expression und Isolierung von EF1-Komplexen verwendet. MM18 und MM19 lieferten keine mit Hilfe des S+G-Proteintests nachweisbaren Mengen an EF1. Durch die Verkürzung der Untereinheit gamma kam es bei der Aufreinigung der Enzymkomplexe nicht zu einem verstärkten Verlust dieser Untereinheit. Aufgereinigtes KH7-EF1 (Kontroll-EF1 ohne Verkürzung des gamma-C-Terminus) und die EF1-Komplexe der Deletionsmutanten wiesen ein ähnliches alpha/beta:gamma-Verhältnis auf.
4.
Die ATP-Hydrolyseaktivitäten der EF1-Deletionsmutanten zeigten eine starke Abhängigkeit von der Deletionslänge. So fielen die Aktivitäten bei 35ºC von 93 u/mg (KH7-EF1) um ca. 75% auf 22 u/mg (MM8-EF1) ab. Dagegen sanken die Aktivierungsenergien für die ATP-Hydrolyse durch die EF1-Deletionsmutanten mit zunehmender Deletionslänge erheblich schwächer ab. Hier konnte für KH7-EF1 eine Aktivierungsenergie von 54 kJ/mol und für MM8-EF1 35 kJ/mol ermittelt werden. Dies entspricht einer Abnahme um ca. 35%.
5.
Das durch die Rotor-Untereinheit gamma erzeugte Drehmoment zeigte nur eine geringe Abhängigkeit von der Deletionslänge. So wiesen die EF1-Komplexe der Deletionsmutanten gegenüber KH7-EF1 nur ein um ca. 20% verringertes Drehmoment auf. Eine starke Abhängigkeit von der Deletionslänge wies im mikrovideographischen Rotationstest jedoch die Ausbeute an Rotatoren bezogen auf die Beobachtungszeit der Küvetten auf. Dabei nahm die Ausbeute von KH7-EF1 zu MM8-EF1 erheblich ab. Keine Abhängigkeit von der Deletionslänge zeigte dagegen das Rotations/Rotationspausen-Verhältnis innerhalb der Laufzeiten der Rotatoren, die von etwa 10 – 190 s (durchschnittlich ca. 60 s) variierten. Aufgrund der verhältnismäßig kurzen Laufzeiten ist eine exakte Angabe des Rotations/Rotationspausen-Verhältnisses jedoch nicht möglich.
6.
Rotationsexperimente mit EFOF1-Komplexen, die über die C-terminale gamma-Deletion deltaS281-V286 (gamma-6) verfügten, scheiterten möglicherweise aufgrund der Instabilität der Enzymkomplexe.
7.
Da die Funktion aktiver EF1-Komplexe durch die gamma-Deletionen offenbar kaum beeinflußt wird, muß davon ausgegangen werden, daß die geringere ATP-Hydrolyseaktivität der Deletionsmutanten durch ein verändertes Verhältnis von aktiven und inaktiven Enzymkomplexen hervorgerufen wird. Die Deletionen beeinflußen damit weniger die mechanische Funktion des Enzyms sondern vielmehr die Stabilität aktiver Enzymkomplexe.
8.
Mit der Mutante MM10 wurde ein EF1-Komplex erzeugt, der eine Verknüpfung der Rotoruntereinheit gamma mit einer Statoruntereinheit alpha über die Cysteine alphaC280 und gammaC285 ermöglichte. Eine Verknüpfung der beiden Untereinheiten konnte durch Oxidation mit 100 µM DTNB in etwa 30 min zu >90% erreicht werden. Eine Öffnung der Disulfidbrücke durch Reduktion mit 20 mM DTT erforderte Inkubationszeiten von bis zu etwa 600 min (Ausbeute >90%). Die Bildung einer Disulfidbrücke zwischen alphaC280 und gammaC285 hatte weder einen Einfluß auf die ATP-Hydrolyseaktivität des Enzyms noch auf die Aktivierungsenergie der ATP-Hydrolyse durch MM10-EF1.
9.
MM10-EF1 ließ sich im ATP-Hydrolyse-Aktivitätstest über einen Zeitraum von 5 min durch Zugabe von 1 mM AMP-PNP nahezu vollständig hemmen (ca. 96%), während sich mit 1 mM AMP-PNP + 1 mM ADP, 1 mM NaN3 und 1 mM NaN3 + 1 mM ADP nur Inhibierungsgrade von 77-88% erreichen ließen.
10.
Durch einen biochemischen Rotationstest konnte die freie Drehbarkeit des C-terminalen Bereichs von gamma im alpha3beta3-Hexagon des EF1-Komplexes nachgewiesen werden. Die Drehbarkeit ließ sich auch durch Zugabe von Inhibitoren des Enzymkomplexes im untersuchten Zeitbereich von Stunden nicht blockieren. Dadurch kann nicht bewiesen werden, daß die rotatorische Mobilität des C-terminalen gamma-Bereichs ausschließlich auf eine katalytisch bedingte gamma-Rotation zurückzuführen ist. Eine weitere Ursache für die rotatorische Mobilität könnte in einer hohen strukturellen Flexibilität des gesamten Lagerbereichs von EF1 bestehen. Der Rotationstest zeigt jedoch, daß die durch molekulardynamische Berechnungen nahegelegte Fixierung des C-terminalen gamma-Bereichs bei der gamma-Rotation für die Funktion des EF1-Komplexes offenbar keine Rolle spielt.
Ein weiterer biochemischer Rotationstest zum Nachweis der Inhibierung der gamma Rotationsbewegung durch kompetetive Inhibitoren über einen Zeitraum von etwa 18 h scheiterte offenbar aufgrund der experimentellen Auslegung des Versuchs.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-osnabrueck.de/oai:repositorium.ub.uni-osnabrueck.de:urn:nbn:de:gbv:700-2004100618 |
Date | 06 October 2004 |
Creators | Müller, Martin |
Contributors | apl. Prof. Dr. Siegfried Engelbrecht-Vandré, Prof. Dr. Wolfgang Junge |
Source Sets | Universität Osnabrück |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/zip, application/pdf |
Rights | http://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/ |
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