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Das Ringen zwischen akademischer Korporation, Stadt und Landesherrschaft sowie bürgerlichen Reformkräften um den Universitätszugang in Leipzig (1600-1830)

Schubert, Jens 22 December 2021 (has links)
Im Beitrag werden die gesetzlichen Normen für die Immatrikulation an der Universität Leipzig und die Zugehörigkeit zum privilegierten Rechtskreis der akademischen Bürger untersucht. Ihre historische Entwicklung wurde von sozioökonomischen Kämpfen um Einkommensquellen, die Ausübung bürgerlicher Gewerbe und Tätigkeiten sowie die Verteidigung von Eigentumsrechten und öffentlicher Ordnung im städtischen Sozialraum bestimmt. Eine zu weitreichende Zugehörigkeit zur Universität wurde 1605 revidiert und ausgehend von den Statuten auf die entscheidenden Merkmale des aktiven Studierens und der Immatrikulation beim Rektor zurückgeführt. Die Vereinbarung zwischen Universität und Rat von 1721 ermöglichte, dass vermögende ausländische Bildungsstudenten ohne Immatrikulation als Schutzverwandte der Universität in deren Rechtskreis gezogen wurden und sich unbehelligt vom Rat in Leipzig aufhalten konnten. Das kursächsische 'Mandat wegen Qualificirung junger Leute zu künftiger Dienstleistung' von 1793 wurde zur Zäsur und zum Auftakt für epochale Einschnitte durch den sich aufrichtenden modernen Staat und bürgerliche Reformkräfte, die, begründet mit Gemeinwohlrhetorik, letztlich 1830 in die Beseitigung der korporativ-ständischen Universität als mittelalterliches Relikt mündeten. Die erwachenden bürgerlichen Klasseninteressen des aufsteigenden Bildungsbürgertums richteten sich gegen den traditionell weitgehend freien Universitätszugang unterprivilegierter Schichten. Die Kreise der Berechtigten wurden in der Krise mit Hilfe von Ausgrenzungsmustern, Moralpolitik und Zeugnispflicht zusammengezogen. Alte Studenten und Graduierte, die keine feste Anstellung gefunden hatten, verloren nun überall das akademische Bürgerrecht. Der moderne Studentenbegriff bildete sich heraus. Die nachmittelalterliche Gelehrtengemeinschaft in der Einheit von Lernen, Lehren und Anwenden der Studien wurde von der sozial und zeitlich stark eingeschränkten Abfolge von Wissenerwerb (Studium) und anschließender Wissensverwertung (Akademiker) abgelöst.
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Frauen als Liebende. Eine Untersuchung über den Zusammenhang zwischen dem Emotionskomplex "Liebe" und der Identitätsbildung von Bildungsbürgerinnen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Bähre, Kornelia 15 March 2002 (has links)
Zusammenfassung der Dissertation von Kornelia Bähre: „Frauen als Liebende. Eine Untersuchung über den Zusammenhang zwischen dem Emotionskomplex »Liebe« und der Identitätsbildung von Bildungsbürgerinnen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.“ Bildungsbürgerinnen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten ein Identitätsproblem zu lösen: Sie sollten zwar ihre Individualität ausbilden und präsentieren, aber nicht aus ihrer Geschlechterrolle fallen. Sie sollten zwar ihre Ehemänner lieben, sich dabei aber nicht zu aktiv, zu leidenschaftlich oder unkontrolliert verhalten. Wie die Identitätsbildungsprozesse dieser Frauen aussahen - insbesondere im Bereich Liebesbeziehung -, mit welchen Eigenschaften, Emotionen und Vorstellungen sie sich als Liebende nach ihren eigenen Angaben identifizierten, steht im Mittelpunkt der Untersuchung. Entsprechend der Forschungsfragen wurden als Quellen Selbstzeugnisse, überwiegend Briefe, aber auch Tagebücher, von neun bildungsbürgerlichen Paaren ausgewählt. Durch die Auswertung der Briefe beider Geschlechter können die wechselseitigen Selbst- und Fremddarstellungen als Einflussfaktoren der Identitätspräsentation in die Analyse einbezogen werden. Zugleich ist es durch diese Korrespondenzanalysen möglich das bildungsbürgerlich-männliche Selbst­verständnis im Bereich „Liebesbeziehung“ vergleichend dem bildungsbürgerlich-weiblichen gegenüberzustellen. Sämtliche Selbstdarstellungen der Bildungs­bürgerinnen und Bildungsbürger wurden vor dem Hintergrund milieuspezifischer Geschlechter-, Beziehungs- und Emotionsnormen ausgewertet. Vorstellungen über Ehe und Liebe, über Weiblichkeit und Männlichkeit beider Geschlechter schließen durch ihre Einbeziehung das Themengebiet „Identitätspräsentation“ noch weiter auf. Die Untersuchung ergibt, dass die Selbstdarstellungen der bildungsbürgerlichen Frauen und Männer mit der Geschlechterideologie auseinanderfallen. Durch die Orientierung am Konzept der romantischen Liebe, insbesondere am Individua­lisierungsgebot und an der Forderung nach bedingungsloser Offenheit, konnten die Geschlechtsstereotype durchbrochen werden. Beide Geschlechter präsentierten ein Selbstkonzept, das eine Vielzahl geschlechtsuntypischer Aspekte enthält. Durch die Praxis der Instrumentalisierung von Emotionen und Geschlechtermerkmalen öffneten die Bildungsbürgerinnen sich Handlungs­spielräume, die ihnen sonst verschlossen geblieben wären, wie z.B. wissenschaftliche und politische Tätigkeiten. Aufgrund der zeitlichen Verortung der bildungsbürgerlichen Untersuchungsgruppe wird der Einfluss von Emotionen und Geschlechterbeziehungen auf den Vergesellschaftungsprozess des Bildungsbürgertums sichtbar: Neben einer Verge­sellschaftung über Bildungswissen und einen spezifischen Lebensstil kann in der vorliegenden Arbeit auch die Relevanz einer bestimmten Gefühlskultur und »gendered identity« für diesen Prozess nachgewiesen werden.
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Lotzdorfer Mädchen – als die Badstraße zur „Dienstmädchenstraße“ wurde

Schönfuß-Krause, Renate 01 July 2021 (has links)
Auf Grundlage von Untersuchungen einer Radeberger Straße und ihrer Villen-Bewohner mit ihren Dienstmädchen zeigt sich, dass die zunehmende Industrialisierung im 19. Jahrhundert Auslöser für einen Strukturwandel in vielen Bereichen war. Durch die sogenannte Bauernbefreiung und die damit einhergehende Landflucht der ländlichen Bevölkerung aus ihren Dörfern in die naheliegenden Städte, kam es mit diesem Zustrom an Menschen zu einem industriellen Aufschwung in den schnell anwachsenden Fabrikstädten. Diese aufstrebenden Industrieregionen zogen vermehrt auch die Bevölkerungsschichten eines Besitz- und Bildungsbürgertums an. Durch das zunehmende Überangebot ungelernter Arbeiter auf niedrigstem Lohnniveau, zuzüglich der noch billigeren Frauen- und Kinderarbeit, gelang es einer Oberschicht von Unternehmern, Fabrikanten, Kaufleuten, Bankiers einen vorher nie dagewesenen, unvorstellbar schnell anwachsenden Reichtum zu erlangen. Es wurde in diesen begüterten Kreisen modern, einen Teil der Einkünfte für Dienstboten einzusetzen, die eine größere häusliche Bequemlichkeit für die Familie garantierten. Ein neues Statusdenken setzte ein, welches sich auch durch Wohnen in besseren Wohngegenden mit Villengrundstücken widerspiegelte. Man begann, sich Dienstmädchen zu halten, die für wenig Lohn Arbeiten im Haushalt erledigten und mit ihrer Anwesenheit auch den Stand ihres Dienstherrn herausstellten. Die meisten der Dienstmädchen kamen vom Lande. Sie waren Töchter von Landarbeitern, kleineren Handwerkern und Tagelöhnern, die auf den Dörfern keine Anstellung mehr fanden.

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