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Neuronale Korrelate von Delay Discounting: Zusammenhänge zu Persönlichkeit, Geschlecht, Nikotinabhängigkeit und genetischen FaktorenNüsser, Corinna 10 July 2009 (has links)
Delay Discounting im Sinne eines Abwertens zukünftiger Belohnungen ist ein weit verbreitetes Phänomen. Es zeigt sich z. B. in persönlichen Angelegenheiten, wie der Entscheidung für den kurzfristigen Genuss von Süßigkeiten und gegen die langfristigen, durchaus größeren Vorteile einer schlanken Figur. Auch internationale wirtschaftliche und politische Diskussionen zum Klimaschutz oder der Finanzkrise werden von der Präferenz für sofortige, kleinere Belohnungen über verzögerte, größere Belohnungen getrieben. In der Psychologie wird Delay Discounting als Maß für Impulsivität bzw. Selbstkontrolle mit dem Auftreten von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndromen und von Abhängigkeitserkrankungen in Verbindung gebracht.
Bezüglich der neuronalen Grundlagen von Delay Discouting ist mithilfe von sogenannten Intertemporal Choice Tasks bereits herausgefunden worden, dass die Entscheidung für eine sofortige Belohnung stärkere neuronale Aktivierung in belohnungsspezifischen Gehirnregionen evoziert als die Entscheidung für eine verzögerte Belohnung. Außerdem wurden sowohl theoretisch wie auch empirisch ein impulsives und ein reflektives System als Grundlage des Delay Discounting beschrieben, deren Existenz jedoch von manchen Wissenschaftlern angezweifelt wird. Ebenso wird angezweifelt, ob Delay Discounting unabhängig vom Einsatz von Intertemporal Choice Tasks und der damit verbundenen Entscheidung zwischen zwei Alternativen überhaupt besteht. Da die neuronalen Grundlagen des Delay Discounting und des impulsiven und reflektiven Systems bisher nicht unabhängig von einer Entscheidungsaufgabe erfasst wurden, konnten diese Zweifel nicht ausgeräumt werden. Ebenso ist zurzeit unbekannt, ob sich die neuronalen Korrelate des Delay Discounting bei Personen mit unterschiedlichen Persönlichkeitseigenschaften, bei Männern und Frauen, bei Rauchern und Nichtrauchern und in Abhängigkeit von verschiedenen Genvarianten unterscheiden.
Um diese Lücke zu schließen, ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein neuartiges Delay Discounting Paradigma zum Einsatz im Magnetresonanztomographen entwickelt worden. Dieses Paradigma ähnelt einem Monetary Incentive Delay Task und ermöglicht es, neuronale Aktivierung bei der Antizipation und bei dem Erhalt einer einzelnen Belohnung zu einem Zeitpunkt zu erfassen. Außerdem kann nach der Antizipation einer Belohnung, die sich durch eine bestimmte Höhe (0,05 €, 0,50 €, 1,00 €) und eine bestimmte Auszahlungsverzögerung (0 Tage, 10 Tage, 100 Tage) auszeichnet, in einer einfachen visuellen Diskriminationsaufgabe eine Reaktionszeit erfasst werden, die als behaviorales Maß für die inzentive Motivation fungiert. Zusammen mit einer Erfassung verschiedener Persönlichkeitseigenschaften und einer Genotypisierung für den COMT Val 158 Met Polymorphismus, den DRD2 Taq 1 A Polymorphismus und den DAT 1 Polymorphismus ist das Delay Discounting Paradigma an insgesamt 90 Probanden im Magnetresonanztomographen eingesetzt worden, so dass 84 auswertbare Datensätze gewonnen werden konnten. Diese 84 Datensätze stammten insgesamt von 42 Frauen und 42 Männern bzw. von 43 strikten Nichtrauchern, 38 starken Rauchern und drei Gelegenheitsrauchern.
Anhand der Auswertung der Gesamtstichprobe konnte bestätigt werden, dass das Delay Discounting Paradigma belohnungs- und verzögerungsspezifisch unterschiedliche Reaktionszeiten und unterschiedliche neuronale Aktivierung hervorruft. In belohnungsverarbeitenden Gehirnregionen wie dem ventralen Striatum zeigte sich sowohl stärkere Aktivierung für größere Belohnungen als auch für Belohnungen, die früher ausgezahlt wurden. Damit steht fest, dass Delay Discounting unabhängig von der Entscheidung zwischen zwei Alternativen auftritt. Außerdem konnte erstmalig ein Interaktionseffekt zwischen Belohnungshöhe und Belohnungsverzögerung aufgedeckt werden: Es zeigte sich eine Abnahme der Differenzen in der neuronalen Aktivierung zwischen größter und kleinster Belohnung über die Zeit, was auf eine Indifferenz gegenüber der Höhe verzögerter Belohnung hindeutet. Ein Einfluss der Belohnungsverzögerung wurde allerdings nur beim Erhalt von Belohnungen messbar, bei der Antizipation von Belohnungen zeigte sich kein Delay Discounting Effekt. Bezüglich der Kontroverse zur Existenz eines impulsiven und reflektiven Systems konnten Ergebnisse gewonnen werden, die beide Positionen integrieren. So wurde zwar die Beteiligung von zwei distinkten neuronalen Systemen beim Abwerten zukünftiger Belohnungen bestätigt, allerdings zeigte sich auch, dass beide Systeme – in einem unterschiedlichen Ausmaß – verzögerte Belohnungen abwerten. Trotzdem wird von den vorliegenden Ergebnissen die Annahme, dass sich aus der Interaktion von impulsivem und reflektivem System impulsives und selbstkontrolliertes Verhalten ergeben kann, gestützt. Im Hinblick auf die interindividuellen Unterschiede, die in der vorliegenden Arbeit aufgedeckt werden sollten, haben sich vor allem Zusammenhänge zwischen dem subjektiv berichteten allgemeinen Stress der Versuchspersonen (operationalisiert über das Selbststeuerungsinventar) und der neuronalen Aktivität von Gehirnregionen, die dem impulsiven und reflektiven System zugeordnet werden, gezeigt. So ist bei niedrigem Stress das impulsive System signifikant weniger aktiviert als das reflektive System, während sich bei hohem Stress dieser Zusammenhang umkehrt. Die relative Hyperaktivierung des impulsiven Systems bei Stress könnte erklären, warum unter Stress vermehrt Rückfälle bei abhängigkeitserkrankten Probanden beobachtet werden. Außerdem ging starkes neuronales Delay Discounting in medial präfrontalen Gehirnregionen mit hohem Stress, ebenso wie mit hoher nichtplanender Impulsivität (gemessen anhand der Barratt Impulsivitätsskala) und mit geringer Selbstkontrolle (gemäß des Selbststeuerungsinventars) einher. Dieses Ergebnis belegt unter anderem, dass das neu entwickelte Delay Discounting Paradigma neuronale Prozesse abbildet, die mit Impulsivität und Selbstkontrolle in Verbindung stehen. Darüber hinaus konnte kongruent mit entsprechenden Vorbefunden ein Einfluss des COMT Val 158 Met Polymorphismus auf das neuronale Delay Discounting im ventralen Striatum und erstmalig ein Zusammenhang zwischen dem DRD2 Taq 1 A A1-Allel und neuronalem Delay Discounting im posterioren Cingulum aufgedeckt werden. Damit ist die Bedeutung des Neurotransmitters Dopamin, der durch die untersuchten Polymorphismen beeinflusst wird, für die neuronalen Grundlagen des Delay Discounting bestätigt worden. Zusammengenommen deuten sowohl die beschriebenen Befunde als auch die sonstigen Ergebnisse der Arbeit darauf hin, dass sich neuronales Delay Discounting interindividuell unterscheidet. Im Hinblick auf Pathologien, die mit diesem Phänomen in Verbindung stehen, sollte daher weitere Forschung zu interindividuellen Unterschieden und zu spezifischen Behandlungsmethoden erfolgen.
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EEG Asymmetries in Survivors of Severe Motor Accidents: Association with Posttraumatic Stress Disorder and its Treatment as well as Posttraumatic Growth: EEG Asymmetries in Survivors of Severe Motor Accidents: Association with Posttraumatic Stress Disorder and its Treatment as well as Posttraumatic GrowthRabe, Sirko 04 March 2010 (has links)
Severe motor vehicle accidents (MVAs) represent one of the most often occurring psychological traumas, and are a leading cause of Posttraumatic Stress Disorder (PTSD). However, not all persons develop PTSD after traumatic events and a great proportion of patients who show symptoms initially recover over time. This has stimulated research of psychological and biological factors that explain development and maintenance of the disorder. Fortunately, this highly distressing condition can be effectively treated, e.g. via cognitive behavioral therapy (CBT). However, brain mechanisms underlying changes due to psychological therapy in PTSD are almost unknown (Roffman, Marci, Glick, Dougherty, & Rauch, 2005). On the other hand there are observations of positive changes following trauma called Posttraumatic Growth (PTG), which have stimulated research of associated psychological processes and factors. However, there is a lack of research about the relation of biological variables (e.g. measures of brain function) and PTG.
Theories of brain asymmetry and emotion (Davidson, 1998b, 2004b; Heller, Koven, & Miller, 2003) propose that asymmetries of brain activation are related to certain features of human emotion (e.g. valence, approach or withdrawal tendencies, arousal). Whereas an enormous increase in the understanding of structural and functional abnormalities in PTSD could be achieved in the last decades due to neuroimaging research, there are still numerous unanswered questions. Especially, there is only little research explicitly examining activation asymmetries in PTSD. Furthermore, as mentioned, research is sparse investigating alterations of brain function that are associated with successful psychological treatment of PTSD. Finally, there is no published study examining how measures of brain function are related to PTG.
This thesis presents 3 studies investigating electroencephalographic (EEG) asymmetries in survivors of severe motor vehicle accidents. The first part of the thesis (chapter 2) is devoted to a literature review about description (chapter 2.1), epidemiology (chapter 2.2 and 2.3), risk factors (chapter 2.4), psychological theories (chapter 2.5), biological mechanisms particularly neuroimaging findings (chapter 2.6), and treatment of PTSD (chapter 2.7.). Chapter 2.8 gives a short review on definition and research of Posttraumatic Growth. Chapter 2.9 provides an overview of models and research regarding brain asymmetry and emotion.
In chapter 3.1, a study is presented that investigated hemispheric asymmetries (EEG alpha) among MVA survivors with PTSD, with subsyndromal PTSD, and without PTSD as well as non-exposed healthy controls during a baseline condition and in response to neutral, positive, negative, and trauma-related pictures (study I). Next, the findings of study II are presented (chapter 3.2). This study examined the effect of cognitive behavioral therapy on measures of EEG activity. Therefore, EEG activity before and after CBT in comparison to an assessment only Wait-list condition was measured. In chapter 3.3 a correlational study (study III) is presented that examined the relationship between frontal brain asymmetry and selfreported posttraumatic growth after severe MVAs.
Finally, in chapter 4 the findings are summarized and discussed with respect to (1) the state/trait debate in frontal asymmetry research and (2) current psychological theories of PTSD and PTG. In addition, the use of neuroscientific research for psychotherapy is discussed. Suggestions are presented for future goals for “brain” research of PTSD and treatment of PTSD. / Schwere Verkehrsunfälle stellen eines der am häufigsten vorkommenden psychologischen Traumata dar, und sind eine Hauptursache der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Jedoch entwickeln nicht alle Personen nach traumatischen Ereignissen eine PTBS und bei einem Großteil remittieren anfängliche PTBS-Symptome. Dies stimulierte die Erforschung von psychologischen und biologischen Faktoren, die die Entstehung und Aufrechterhaltung der PTBS erklären. Glücklicherweise kann die PTBS effektiv, z.B über die kognitive Verhaltenstherapie (KVT), behandelt werden. Jedoch sind Gehirnmechanismen, die mit klinischen Änderungen aufgrund der psychologischen Therapie in PTSD einhergehen, nahezu unbekannt (Roffman, Marci, Glick, Dougherty, Rauch, 2005). Auf der anderen Seite gibt es Berichte von positiven Änderungen nach traumatischen Ereignissen, die als Posttraumatische Reifung (PTR) bezeichent werden. Dies hat in kürzerer Vergangenheit die Forschung von verbundenen psychologischen Prozessen und Faktoren stimuliert. Jedoch gibt es kaum Untersuchungen über die Beziehung von biologischen Variablen (z.B Messungen der Gehirnfunktion) und PTR.
Diese Arbeit präsentiert 3 Studien, die electroenzephalographische (EEG) Asymmetrien bei Opfern schwerer Verkehrsunfälle untersuchten. Der erste Teil der Arbeit (Kapitel 2) widmet sich einer Literaturrezension über: die Beschreibung (Kapitel 2.1), Epidemiologie (Kapitel 2.2 und 2.3), Risikofaktoren (Kapitel 2.4), psychologische Theorien (Kapitel 2.5), biologische Mechanismen besonders Neuroimaging Ergebnisse (Kapitel 2.6), und Behandlung der PTBS (Kapitel 2.7.). Kapitel 2.8 gibt einen kurzen Überblick über die Definition und Forschung zur Posttraumatischen Reifung. Kapitel 2.9 gibt eine Übersicht zu aktuellen Modellen und empirischen Befunden bezüglich Gehirnasymmetrien und Emotionen.
Kapitel 3.1 präsentiert eine Studie, in der hemisphärische Asymmetrien (im EEG-Alpha Band) bei Unfallopfern mit PTBS, subsyndromaler PTBS, und ohne PTBS sowie gesunden Kontrollpersonen ohne Unfall untersucht wurden: während einer Ruhemessung und einer Emotionsinduktions-bedingung (neutrale, positive, negative und trauma-spezifische Bilder) (Studie I). Danach werden die Ergebnisse der Studie II (Kapitel 3.2) präsentiert. Hier wurde die Wirkung der kognitiven Verhaltenstherapie auf Messungen der EEG-Aktivität untersucht. Deshalb wurde EEG-Aktivität vor und nach einer KVT im Vergleich mit einer Warten-Gruppe gemessen. Kapitel 3.3 präsentiert eine Korellationsanalyse (Studie III), bei der die Beziehung zwischen der frontalen Gehirnasymmetrie und posttraumatischer Reifung untersucht wurde.
Am Ende der Arbeit (Kapitel 4) werden die Ergebnisse zusammengefasst und in Bezug auf (1) die state/trait-Debatte im Rahmen der Asymmetrie-Forschung diskutiert sowie (2) ein Bezug zu aktuellen psychologische Theorien von PTSD und PTG hergestellt. Außerdem wird der Nutzen von neurobiologischer Forschung für die Psychotherapie besprochen. Dabei werden Vorschläge für zukünftige Projekte für die "Gehirn"-Forschung im Zusammenhang mit der PTBS, deren Behandlung und PTG gemacht.
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Die Stellung der Agoraphobie in modernen diagnostischen Klassifikationssystemen: Beitrag zu einer nosologischen KontroverseNocon, Agnes 23 June 2010 (has links)
Hintergrund:
Seit Einführung des DSM-III-R wird die Frage, ob Agoraphobie eine Komplikation der Panikstörung ist oder eine eigenständige Diagnose darstellt, und deshalb gleichberechtigt mit der Sozialen und Spezifischen Phobie der Gruppe der Phobien zugeordnet werden sollte, kontrovers diskutiert. Die zwei Positionen in dieser Kontroverse finden ihren Ausdruck im unterschiedlichen Gebrauch hierarchischer Regeln in den gegenwärtig gebräuchlichen Klassifikationssystemen für psychische Störungen, dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) und der International Classification of Diseases (ICD). Die empirischen Belege für die Validität solcher hierarchischer Regeln sind allerdings bisher unbefriedigend. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es deshalb, ohne Berücksichtigung der gültigen Hierarchieregeln das natürliche Auftreten von Agoraphobie und Panikstörung zu untersuchen und damit einen Beitrag zum Fortschritt in der oben genannten Kontroverse zu leisten.
Methoden:
Die Analysen der vorliegenden Arbeit beruhen auf Daten der Early Developmental Stages of Psychopathology (EDSP) Studie. Bei der EDSP handelt es sich um eine prospektiv-longitudinale Studie an einer bevölkerungsrepräsentativen Kohorte von 3021 Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter von 14 bis 24 Jahren aus München und Umgebung. Die Studienteilnehmer wurden in einem 10-Jahres-Follow-up mit bis zu vier Erhebungszeitpunkten mit der computerisierten Version des Münchener Composite International Diagnostic Interview (DIA-X/M-CIDI) untersucht. Das M-CIDI gestattet es, Panik- und Agoraphobiesyndrome unabhängig von hierarchischen Regeln zu erheben. Risiko- und Vulnerabilitätsfaktoren wurden anhand von Fragebögen erhoben. Die Studie umfasst darüber hinaus zwei familiengenetische Untersuchungen, in deren Rahmen auch die Eltern der Studienprobanden interviewt wurden. Die direkten Elterninterviews wurden durch Informationen der Studienprobanden über ihre Eltern ergänzt.
Ergebnisse:
Studie 1: Agoraphobia and Panic: Prospective-longitudinal Relations Suggest a Rethinking of Diagnostic Concepts
Die Lifetimeinzidenz bis zum Alter von 34 Jahren betrug 9.4% für Panikattacken, 3.4% für Panikstörung (mit und ohne Agoraphobie) und 5.3% für Agoraphobie. Unter den Personen mit Agoraphobie berichteten 51% keine lifetime Panikattacken. Die Inzidenzmuster der drei Syndrome unterschieden sich bezüglich Erstauftrittsalter, Risikoverlauf und Geschlechtseffekten. Zeitlich vorausgehende Panikattacken und Panikstörung waren assoziiert mit einem Risiko für zeitlich nachfolgende Agoraphobie (Panikattacken: OR=26.7, 95% KI=17.2-41.4; Panikstörung: OR=62.5, 95% KI=38.5-101.2). In streng prospektiven Analysen waren Panikattacken/Panikstörung zur Baseline mit Panikattacken/Panikstörung im Follow-up assoziiert und Agoraphobie zur Baseline mit Agoraphobie im Follow-up. Panikattacken, Panikstörung und Agoraphobie zur Baseline hatten niedrige Remissionsraten (0-23%). Alle diagnostischer Gruppen waren bis auf Panikstörung ohne Agoraphobie mit anderen Angststörungen im Follow-up assoziiert. Panikstörung mit Agoraphobie und Agoraphobie mit Panikattacken zur Baseline zeigten höhere Assoziationen mit Komplikationen wie Beeinträchtigung, Komorbidität und Hilfesuchverhalten als Panikstörung ohne Agoraphobie und Agoraphobie ohne Panikattacken. Personen mit Panikattacken/Panikstörung suchten häufiger ärztliche Hilfe als Personen mit Agoraphobie ohne Panikattacken. Besonders ausgeprägt war Hilfesuchverhalten bei Personen mit Panikstörung mit Agoraphobie.
Studie 2: Differential Familial Liability of Panic Disorder and Agoraphobia
Panikattacken, Panikstörung und Agoraphobie der Eltern waren assoziiert mit denselben Syndromen der Kinder. Bei separater Untersuchung der Störungen wurde für Agoraphobie ohne Panikstörung keine Assoziation zwischen Eltern und Kindern beobachtet. Elterliche Panikstörung ohne Agoraphobie war nicht mit Panikstörung ohne Agoraphobie bei den Kindern, aber mit Panikstörung mit Agoraphobie (OR=3.9; 95% KI=1.6-9.4) assoziiert. Panikstörung mit Agoraphobie der Eltern war mit Agoraphobie ohne Panikstörung (OR=3.3; 95% KI=1.01-11.1) und mit Panikstörung ohne/mit Agoraphobie bei den Kindern assoziiert (ohne Agoraphobie: OR=4.2; 95% KI=1.2-13.7; mit Agoraphobie: OR=4.9; 95% KI=1.8-12.5). Bei Kontrolle nach anderen Angststörungen blieb nur die Assoziation von Panikstörung mit Agoraphobie bei Eltern und Kindern stabil. Es fanden sich keine Hinweise auf Assoziationen zwischen Panikstörung oder Agoraphobie der Eltern mit einem früheren Erstauftrittsalter der kindlichen Störung.
Studie 3: Pathways into panic and phobias
Der Komorbidität von Panikstörung, Agoraphobie und Spezifischen Phobien lag eine Vier-Klassen-Struktur zugrunde. Die Klassen konnten beschrieben werden als „sehr niedriges Risiko für Angststörungen“, „niedriges Risiko für Spezifische Phobien“, „moderates Risiko für Agoraphobie und Panikstörung“ und „hohes Risiko für Angststörungen“. Die letztgenannte Klasse zeichnete sich vor allem durch das Vorliegen von Agoraphobie und dem Situativen Subtypus der Spezifischen Phobie aus. Die drei letztgenannten Risikoklassen waren assoziiert mit weiblichem Geschlecht, Behavioral Inhibition, Harm Avoidance, überbehütendem und abweisendem Elternverhalten, elterlichen Angst- und depressiven Störungen, sowie Trennungs- und traumatischen Erlebnissen in der Kindheit. Die Klasse „hohes Risiko für Angststörungen“ war assoziiert mit elterlicher Spezifischer Phobie (OR=5.0, 95% KI=1.9-12.8) und postnatalen Komplikationen (OR=7.4; 95% KI=2.4-22.9). Sie unterschied sich darin von allen anderen Risikogruppen. Die Klasse „moderates Risiko für Agoraphobie und Panikstörung“ war assoziiert mit Trennungsangst in der Kindheit (OR=6.3; 95% KI=2.0-19.8), einem emotional kühlen elterlichen Erziehungsstil (OR=0.7; 95% KI=0.6-0.9) und einer geringen Wahrscheinlichkeit für postnatale Komplikationen (OR=0.3; 95% KI=0.1-0.9).
Schlussfolgerungen:
Unterschiede hinsichtlich des Inzidenzmusters, des Verlaufs und der Korrelate zwischen Panik- und Agoraphobiesyndromen zeigen, dass Agoraphobie getrennt von Paniksyndromen existiert und eine klinisch relevante Störung darstellt. Dabei hatte die Hälfte der Personen mit Agoraphobie keine Panikattacke erlebt und bliebe gemäß DSM-Kriterien undiagnostiziert. Ergebnisse der Familienstudie zeigen, dass Befunde zur familiären Aggregation von Panikstörung und Agoraphobie bisher von angewandten hierarchischen Diagnoseregeln abhängig waren. Ohne Anwendung hierarchischer Kriterien aggregiert Agoraphobie ohne Panikstörung nicht in Familien und die familiäre Aggregation von Panikstörung hängt davon ab, ob bei den Kindern komorbide Agoraphobie oder andere Angststörungen vorliegen. Die Ergebnisse der Latent Class Analysen lassen vermuten, dass Panikstörung, Agoraphobie und Spezifische Phobien sich im Rahmen von Vulnerabilitätsklassen entwickeln, auf zwei pathogene Mechanismen der Agoraphobie hinweisen: Agoraphobie kann sich entweder in naher Verwandtschaft zur Panikstörung, oder zum Situativen Subtypus der Spezifischen Phobie entwickeln. Spezifische Zusammenhänge dieser Risikoklassen mit untersuchten Vulnerabilitätsfaktoren stützen die Hypothese einer unterschiedlichen Ätiopathogenese der Agoraphobie. Zusammenfassend zeigen die vorliegenden Daten, dass Panikattacken und Panikstörung weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für Agoraphobie sind, und die derzeit gültige Klassifikation die Untersuchung der Agoraphobie behindert. Die aktuell in Arbeit befindliche Revision des DSM sollte im Sinne einer beschreibenden, durch empirische Daten gestützten Diagnostik das Konzept der Agoraphobie überarbeiten und von einer Diagnostik im Sinne einer nosologischen Kontroverse abrücken.
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Use, Abuse and Dependence of Prescription Drugs in Adolescents and Young AdultsLieb, Roselind, Pfister, Hildegard, Wittchen, Hans-Ulrich January 1998 (has links)
Lifetime prevalence estimates of psychotropic medicine use as well as prevalence of DSM-IV prescription drug use disorders from the baseline investigation of the Early Developmental Stages of Psychopathology (EDSP) Study are presented. Use of prescription medication at some time in their life was reported by 27.4% of the respondents. Illicit use of prescription drugs, which means an intake without medical legitimation, was reported by 4.5% of the sample. The findings suggest that abuse of and dependence on prescription drugs, with most cases reporting polysubstance use, is quite rare in the 14- to 24-year-olds. DSM-IV abuse was more prevalent than dependence (0.5 vs. 0.3%). In general, women reported higher prevalence rates of prescription drug use, whereas men reported higher prevalence rates of prescription drug disorders. This result suggests that men have a higher risk to develop a substance-use-related disorder.
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Crystal Meth in Sachsen: Hell- und Dunkelfeldanalysen zur Phänomenologie des Methamphetamin-KonsumsSchöne, Marcel, Meißelbach, Christoph 27 June 2024 (has links)
Dieser Band dokumentiert die Ergebnisse des von 2019 bis 2023 vom Sächsischen Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung (SIPS) durchgeführten Forschungsprojekts „Crystal Meth in Sachsen“. Im Projekt wurde der Frage nach der Phänomenologie und den Hintergründen des Methamphetamin-Konsums im Freistaat Sachsen auf zwei Wegen nachgegangen. Erstens wurden öffentlich verfügbare Informationen in einer umfassenden Hellfeldanalyse zusammengetragen: Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik und dem Auskunftssystem PASS der Polizei Sachsen, sächsische Länderdaten aus der Suchthilfe, Daten aus der externen Suchtberatung in Justizvollzugsanstalten, Informationen aus der Gesundheitsberichterstattung des Bundes sowie Ergebnisse eines Forschungsprojekts zur Abwasseranalyse. Zweitens wurde eine umfängliche qualitative Interviewstudie mit Konsument:innen, Familienangehörigen und Vertreter:innen aus medizinisch-therapeutischen Einrichtungen sowie Behörden durchgeführt, um Einblicke in das Dunkelfeld und damit die vielfältigen Hintergründe des Konsums zu erlangen. In der Gesamtschau vermitteln diese beiden Studien ein ebenso spezifisches wie umfassendes Bild zum Crystal-Meth-Konsum in Sachsen, aus dem auch verallgemeinerbare Einsichten, Handlungsempfehlungen und Ansätze für weitere Forschung abgeleitet werden.
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Prognostic significance of macrophage invasion in hilar cholangiocarcinomaAtanasov, Georgi, Hau, Hans-Michael, Dietel, Corinna, Benzing, Christian, Krenzien, Felix, Brandl, Andreas, Wiltberger, Georg, Matia, Ivan, Prager, Isabel, Schierle, Katrin, Robson, Simon C., Reutzel-Selke, Anja, Pratschke, Johann, Schmelzle, Moritz, Jonas, Sven 10 February 2016 (has links) (PDF)
Background: Tumor-associated macrophages (TAMs) promote tumor progression and have an effect on survival in human cancer. However, little is known regarding their influence on tumor progression and prognosis in human hilar cholangiocarcinoma.
Methods: We analyzed surgically resected tumor specimens of hilar cholangiocarcinoma (n = 47) for distribution and localization of TAMs, as defined by expression of CD68. Abundance of TAMs was correlated with clinicopathologic characteristics, tumor recurrence and patients’ survival. Statistical analysis was performed using SPSS software.
Results: Patients with high density of TAMs in tumor invasive front (TIF) showed significantly higher local and overall tumor recurrence (both ρ < 0.05). Furthermore, high density of TAMs was associated with decreased overall (one-year 83.6 % vs. 75.1 %; three-year 61.3 % vs. 42.4 %; both ρ < 0.05) and recurrence-free survival (one-year 93.9 % vs. 57.4 %;
three-year 59.8 % vs. 26.2 %; both ρ < 0.05). TAMs in TIF and tumor recurrence, were confirmed as the only independent prognostic variables in the multivariate survival analysis (all ρ < 0.05).
Conclusions: Overall survival and recurrence free survival of patients with hilar cholangiocarcinoma significantly improved in patients with low levels of TAMs in the area of TIF, when compared to those with a high density of
TAMs. These observations suggest their utilization as valuable prognostic markers in routine histopathologic evaluation, and might indicate future therapeutic approaches by targeting TAMs.
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Wirksamkeit einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenintervention bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren StörungRottmann-Wolf, Maren 30 August 2016 (has links) (PDF)
Bipolare Störungen zählen zu den schwerwiegendsten psychiatrischen Erkrankungen, die sich bereits in der Adoleszenz und im frühen Erwachsenenalter manifestieren, jedoch aufgrund ihrer komplexen Symptomatologie oftmals erst mit deutlich zeitlicher Verzögerung korrekt diagnostiziert werden. Auf Patientenseite ist die Erkrankung mit schweren psychosozialen Beeinträchtigungen, Einbußen in der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und einem deutlich erhöhten Suizidrisiko verbunden; eine bipolar-spezifische Behandlung setzt zumeist zu spät ein.
Forschungsbemühungen auf dem Gebiet der Früherkennung Bipolarer Störungen zeigen, dass Personen in möglichen Vorstufen der Erkrankung bereits unter subsyndromalen Symptomen und Funktionseinschränkungen leiden. Der Bedarf nach frühzeitiger und adäquater Behandlung in Risikostadien kann in der klinischen Versorgung bis dato nicht abgedeckt werden, da spezifische Versorgungsstrukturen für junge Menschen vor Manifestation einer schweren psychischen Störung sowie evidenzbasierte Therapieprogramme nicht existieren. Frühe präventive Maßnahmen können hilfesuchenden Personen mit Risikokonstellation für eine bipolare Entwicklung aber die Chance bieten, die bestehende Symptomatik zu reduzieren, die Funktionsfähigkeit zu verbessern und Bewältigungsstrategien aufzubauen. Weitere Ziele einer frühen Intervention stellen die Verzögerung oder Abschwächung von drohenden Krankheitsphasen beziehungsweise bestenfalls die Verhinderung der Konversion in eine manifeste Bipolare Störung dar. Die Studienlage zur Effektivität von adäquaten Behandlungsansätzen für Personen mit erhöhtem Risiko für eine bipolare Entwicklung ist ausgesprochen begrenzt. Für psychotherapeutische Verfahren gibt es erste Hinweise auf die Wirksamkeit familienbasierter Verfahren, wobei die Aussagekraft der Befunde aufgrund methodischer Limitationen eingeschränkt ist. Trotz indirekter Evidenz, welche sich aus dem Wirksamkeitsnachweis von kognitiver Verhaltenstherapie bei bipolaren Patienten mit wenigen Krankheitsphasen ableiten lässt, wurden kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze hinsichtlich der Effektivität bei jungen, noch nicht erkrankten Personen mit erhöhtem Bipolar-Risiko bislang nicht systematisch untersucht.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die beschriebene Forschungslücke zu schließen, indem die Wirksamkeit einer spezifischen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppenintervention bei Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung untersucht wurde. Aufgrund des bisherigen unzureichenden Kenntnisstands erfolgte zunächst eine Charakterisierung der untersuchten Hochrisikoklientel für die Entwicklung Bipolarer Störungen hinsichtlich des psychosozialen Funktionsniveaus, des Stresserlebens sowie Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten. Ausgehend von ersten praktischen Erfahrungen aus spezialisierten Früherkennungszentren wurde postuliert, dass die teilnehmenden Hochrisikopersonen bereits Einschränkungen im psychosozialen Funktionsvermögen zeigen und ein hohes Ausmaß an chronischem Stress erleben, während ihre Bewältigungsmöglichkeiten begrenzt erscheinen.
In der vorliegenden Arbeit wurde die zentrale Frage untersucht, inwieweit mittels einer spezifischen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Intervention eine günstigere Beeinflussung des psychosozialen Funktionsvermögens, des Stresserlebens sowie von Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Studienteilnehmer gelingen kann als bei einer unstrukturierten Kontrollbedingung. Wenngleich in der Interventionsbedingung eine stärkere Verbesserung in den untersuchten Outcome-Maßen erwartet wurde, sollte sich durch die Teilnahme an den unstrukturierten Sitzungen der Kontrollbedingung ebenfalls ein gewisser therapeutischer Nutzen ergeben, der sich in der Verbesserung der beschriebenen Parameter widerspiegeln sollte. Schließlich wurde die Hypothese geprüft, inwieweit sich die zu erwartenden positiven Effekte im psychosozialen Funktionsvermögen sowie in den stressassoziierten Parametern in beiden Versuchsgruppen auch als stabil über einen Verlauf von sechs Monaten erweisen.
Die vorliegende Arbeit war eingebettet in die multizentrische, DFG-geförderte, randomisierte und kontrollierte klinische EarlyCBT-Studie, in der die Wirksamkeit eines innovativen Gruppentherapieprogramms für Hochrisikopersonen für die Entwicklung einer Bipolaren Störung im Vergleich zu unstrukturierten Sitzungen untersucht wird. Das Vorliegen einer positiven Familienanamnese für affektive und/oder schizoaffektive Störungen, gepaart mit zunehmenden Einschränkungen in der psychosozialen Funktionsfähigkeit und subsyndromaler affektiver Symptomatik, stellten die wesentlichen Einschlusskriterien zur Studienteilnahme dar. Die Stichprobe umfasste 74 hilfesuchende Probanden im Alter zwischen 15 und 30 Jahren, welche zu drei Erhebungszeitpunkten (Baseline, am Ende der Intervention und sechs Monate nach Beginn der Intervention) untersucht wurden.
Das eigens für die Studie konzipierte Behandlungsmanual enthielt neben Elementen der kognitiven Verhaltenstherapie auch Achtsamkeits- und Entspannungsübungen sowie Interventionen zum Stressmanagement. Primäre Outcomes der vorliegenden Arbeit waren das psychosoziale Funktionsvermögen, das Erleben von chronischem Stress sowie die Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten der Teilnehmer. Veränderungen im psychosozialen Funktionsniveau der Hochrisikopersonen wurden mittels eines semistrukturierten Interviews erhoben, während die Effektivität der therapeutischen Intervention in Bezug auf stressassoziierte Parameter anhand von Selbstreportfragebögen erfasst wurde.
Die Auswertungen basierten auf dem intention-to-treat (ITT)-Ansatz; fehlende Werte wurden anhand des Expectation-Maximization (EM)-Algorithmus geschätzt. Als statistische Verfahren für die Prüfung der dargestellten Hypothesen kamen Varianzanalysen (einfaktoriell, mit und ohne Messwiederholung) zum Einsatz. Zur systematischen Analyse von Dropouts erfolgte eine Deskription der Zeitpunkte und Gründe für die Ausfälle sowie eine Prüfung von Unterschieden zwischen Probanden der Dropout-Gruppe und den vollständig an der Studie teilgenommenen Probanden mittels 2-Tests und einfaktoriellen Varianzanalysen.
In der vorliegenden Studie konnte hypothesengemäß gezeigt werden, dass die untersuchten Hochrisikopersonen bereits deutliche psychosoziale Einschränkungen aufwiesen, chronischen Stress erlebten und nur über begrenzte Ressourcen und Strategien zum Umgang mit Stress und Belastungen verfügten. Am Ende der Intervention zeigten sich in der Gesamtstichprobe erwartungsgemäß signifikante Verbesserungen hinsichtlich des Stresserlebens sowie der Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten. Entgegen der Hypothese erbrachten die Auswertungen zum psychosozialen Funktionsvermögen in der Gesamtstichprobe numerische, aber keine signifikanten Effekte am Ende der Intervention. Zwischen der Interventions- und Kontrollbedingung konnten entgegen den Hypothesen am Ende der Intervention keine bedeutsamen Unterschiede in den geprüften Zielgrößen psychosoziales Funktionsvermögen, Stresserleben und Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten festgestellt werden. Sechs Monate nach Beginn der Gruppenteilnahme zeigten sich im Einklang mit den Hypothesen in beiden Versuchsgruppen signifikante Verbesserungen in den drei untersuchten Parametern.
Die im Rahmen der vorliegenden Studie eingesetzte, spezifische kognitivverhaltenstherapeutische Gruppenintervention bietet Personen mit Hochrisikostatus für die Entwicklung einer Bipolaren Störung einen guten Einstieg in die psychotherapeutische Behandlung. Um der komplexen Symptomatologie, der häufigen Komorbidität sowie den individuellen Bedürfnissen der jungen, (noch) nicht bipolar erkrankten Hochrisikopersonen besser gerecht werden zu können, erscheint ein kombinierter, über einen längeren Zeitraum angelegter psychotherapeutischer Ansatz im Einzel- und Gruppensetting auch unter Einbeziehung der neuen Medien sinnvoll, dessen Entwicklung und Evidenzprüfung Ziel weiterer Forschungsbemühungen sein sollte. Eine zeitnahe Implementierung von präventiven, bedarfsgerechten Interventionsstrategien in die klinische Versorgung erscheint vor dem Hintergrund der bereits in Risikostadien Bipolarer Störungen existierenden erheblichen psychosozialen Belastungen, unter denen die Betroffenen leiden, erstrebenswert.
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Unterschiede in Frontaler Kortex Oxygenierung in zweierlei Risikogruppen der Alzheimer Demenz / Differences in Frontal Lobe Oxygenation in Two Risk Groups for Alzheimer's DiseasePomper [geb. Müller], Laura Dorothea January 2019 (has links) (PDF)
Die verbesserte medizinische Versorgung führt zu einer zunehmenden Lebenserwartung unserer Gesellschaft. Damit steigt auch die sozioökonomische Relevanz neurodegenerativer Erkrankungen kontinuierlich. Für die Alzheimer Demenz (AD), die dabei die häufigste Ursache darstellt, stehen bisher keine krankheitsmodifizierenden Behandlungsoptionen zur Verfügung. Die lange präklinische Phase der Erkrankung birgt jedoch großes Potential für die Entwicklung neuer Behandlungsoptionen. Das Untersuchen von Risikogruppen ist für die Identifikation von Prädiktoren einer späteren AD Manifestation von besonderem Interesse. In diesem Zusammenhang werden insbesondere das Vorliegen genetischer Risikokonstellationen, wie dem Apolipoprotein E (APOE) Ɛ4-Allel, sowie kognitiver Risikofaktoren, wie der „leichten kognitiven Beeinträchtigung“ (MCI), diskutiert. Die Identifikation präklinischer Aktivierungsunterschiede in relevanten Gehirnregionen von Risikogruppen kann als Basis für die Entwicklung neurofunktioneller Früherkennungs-Marker dienen. Der präfrontale Kortex (PFC), welcher mit der Steuerung von Exekutivfunktionen assoziiert wird, hat sich in diesem Zusammenhang in bisherigen Studien als eine relevante Schlüsselregion manifestiert. Aufgrund der aufwendigen und kostenintensiven bildgebenden Untersuchungsmethoden, sind die genauen Prozesse jedoch noch unklar.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, Unterschiede in der PFC Oxygenierung in zweierlei Risikogruppen der AD mit einer kostengünstigeren Bildgebungsmethode, der funktionellen Nahinfrarot Spektroskopie (fNIRS), zu untersuchen. Dafür wurde in einem ersten Schritt, der Trailmaking Test (TMT), ein weitverbreiteter neuropsychologischer Test zur Erfassung exekutiver Funktionen, für fNIRS implementiert. Als Grundlage für die Untersuchung frühpathologischer Prozesse, wurden zunächst gesunde Alterungsprozesse betrachtet. Der Vergleich von jungen und älteren Probanden (n = 20 pro Gruppe) wies neben der Eignung der Testimplementierung für fNIRS auf eine spezifische bilaterale PFC Oxygenierung hin, welche bei jungen Probanden rechtshemisphärisch lateralisiert war. Ältere Probanden hingegen zeigten bei vergleichbaren Verhaltensdaten insgesamt mehr signifikante Kanäle sowie eine Abnahme der Lateralisierung. Dies kann als zusätzlicher Bedarf an Ressourcen in gesunden Alterungsprozessen interpretiert werden.
Im Rahmen der Hauptstudie wurden anschließend insgesamt 604 ältere Probanden im Alter von 70 bis 76 Jahren untersucht. Zunächst wurde die genetische Risikogruppe der Ɛ4-Allel-Träger (n = 78) mit den neutralen Ɛ3-Allel-Trägern (n = 216) und den Trägern des als protektiv geltenden Ɛ2-Allels (n = 50) verglichen. Hierbei zeigte sich eine geringere Oxygenierung der Risikogruppe bei geringer Aufgabenschwierigkeit, während sich ein erhöhter Oxygenierungsanstieg im medialen PFC mit steigender Aufgabenschwierigkeit zeigte. Dies deutet auf einen erhöhten Bedarf an neuronalen Kontrollmechanismen der Risikogruppe zur Bewältigung der steigenden Aufgabenschwierigkeit hin. Die protektive Gruppe zeigte hingegen eine erhöhte Oxygenierung im ventralen PFC mit steigender Aufgabenschwierigkeit, was möglicherweise auf einen präventiven Effekt hindeuten könnte.
Weiterführend wurden MCI-Patienten mit gesunden Probanden (n = 57 pro Gruppe) hinsichtlich des kognitiven Risikofaktors verglichen. Hierbei zeigte sich ein punktuell reduzierter Oxygenierunganstieg der MCI Patienten mit steigender Aufgabenschwierigkeit vor allem im ventralen PFC bei ebenfalls stabiler Verhaltensleistung. Die gefundene Reduktion könnte ein Zeichen für eine aufgebrauchte kognitive Reserve sein, welche Einbußen auf Verhaltensebene voranzugehen scheint.
Diese charakteristischen Unterschiede in den frontalen Oxygenierungsmustern von Risikogruppen (APOE, MCI) könnten als Biomarker zur Früherkennung von AD noch vor dem Auftreten kognitiver Einbußen dienen. Die fNIRS-Untersuchung während der Durchführung des TMT hat sich in diesem Zusammenhang als potentielles Instrument zur Frühdiagnose der präklinischen Phase der AD als geeignet erwiesen. Die Ergebnisse werden unter Einbezug des wissenschaftlichen Kontexts interpretiert und Implikationen für weitere notwendige Studien sowie die klinische Anwendbarkeit diskutiert. / Due to the improved medical care, the life expectancy of the society steadily rises. Consequently, the socioeconomic relevance of neurodegenerative disorders increases. In order to treat the Alzheimer’s Disease (AD), as the most frequent cause, disease-modulating treatment options are desperately awaited. The extensive preclinical phase of the disease has the potential for gaining new insights for the development of effective treatment strategies. The investigation of risk groups for AD is of great importance for the identification of preclinical prediction markers for the manifestation of a subsequent AD. Especially the presence of genetic risk factors like the Apolipoprotein E (APOE) Ɛ4-allele and cognitive risk factors such as the “mild cognitive impairment” (MCI) are being discussed in this context. Differences in brain activation patterns of risk groups based on functional brain imaging methods have been shown to be beneficial as potential biomarkers for early AD detection. As such, the prefrontal cortex (PFC) which is important for executive control mechanisms has been identified as a key structure of interest. However, many of the involved processes are still not sufficiently understood since most imaging methods are time-consuming and rather expensive.
The aim of the present dissertation was to identify differences in PFC oxygenation in two different risk groups for AD by applying a cost-effective and easy-conductible imaging method, the functional Nearinfrared Spectroscopy (fNIRS). In a first step, the Trailmaking Test (TMT), which is a commonly used neuropsychological test for the investigation of executive functioning, was implemented for fNIRS. The neural subtracts were investigated as a basis for the subsequent examination of pre-pathological processes. Besides the usability of the suggested TMT implementation for fNIRS, the comparison of young and elderly subjects (n = 20 per group) showed a specific bilateral PFC oxygenation pattern which was right lateralized for the young group. Elderly adults on the other hand showed a decreased lateralization and more significant channels, pointing towards a need for additional resources in healthy aging.
Subsequently the main study examined 604 elderly subjects aged between 70 and 76 years divided in two risk groups (APOE, MCI). In the first step, the genetic risk group of the Ɛ4-allele carriers (n = 78) was compared with the neutral Ɛ3-allele carriers (n = 216) and the carriers of the possibly protective Ɛ2-allele (n = 50). Thereby a reduced oxygenation of the risk group at low task difficulty has been shown, while a raised level of oxygenation increase in the medial PFC was found with growing task difficulty. This points towards a higher demand for neuronal control mechanisms in the genetic risk group in order to keep the performance level stable while task difficulty is increased. The protective group however showed a higher oxygenation in the ventral PFC with increasing task difficulty, which could indicate a higher cognitive reserve.
In the second step, the MCI patients were compared with matched healthy control subjects (n = 57 per group). The result showed a reduced increase of oxygenation with increasing task difficulty limited to specific channels mostly within the central PFC while the performance was stable. This reduction could be a sign for the limit of the cognitive reserve, which becomes apparent before the decline of the cognitive performance.
The characteristic differences of frontal oxygenation patterns in risk groups (APOE, MCI) could possibly serve as biomarkers for the early AD detection even before task performance declines. The investigation of neural oxygenation with fNIRS during the completion of the TMT has been shown to be suitable as a potential early diagnosis method in the preclinical phase of AD. The results are embedded in the scientific context and implications for future research as well as the clinical applicability are being discussed.
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Prevalence of Use, Abuse and Dependence of Illicit Drugs among Adolescents and Young Adults in a Community SamplePerkonigg, Axel, Lieb, Roselind, Wittchen, Hans-Ulrich 03 December 2012 (has links) (PDF)
Prevalence findings for 1995 of illicit drug use as well as DSM-IV abuse and dependence are reported from a representative population sample of 3,021 respondents from Munich, Germany, aged 14–24 years. Results are based on personal interviews using the M-Composite International Diagnostic Interview (M-CIDI) with its DSM-IV diagnostic algorithms. Findings indicate that more than 30% of the adolescents and young adults are or have been using one or more illicit drugs at least once in their life. Men were slightly more likely to ever use drugs and used them more frequently than women. Cannabinoids were by far the most frequently used type of drug, followed by various stimulating drugs and hallucinogens. There is also considerable polysubstance use among 14- to 24-year-olds. Criteria for DSM-IV abuse without dependence were met by 4.1% of all men and 1.8% of all women, a dependence syndrome of any type of illicit drug was diagnosed in 2.5% of the men and 1.6% of the women. Cumulative age of onset incidence analyses suggest that substance use starts early, in about one-third before the age of 16 years and continues to rise for most drugs throughout adolescence and young adulthood. Overall these findings suggest that substance use and substance disorders are more prevalent than suggested in most previous German studies.
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Is the Use of Ecstasy and Hallucinogens Increasing?Schuster, Peter, Lieb, Roselind, Lamertz, Christina, Wittchen, Hans-Ulrich 22 November 2012 (has links) (PDF)
This report presents findings of a community survey of 3,021 adolescents and young adults aged 14–24 years in Munich, Germany, carried out to determine the prevalence of use and abuse of and dependence on ecstasy, amphetamines and hallucinogens. The response rate was 71%.
Results: (1) In 1995, 4% of the male and 2.3% of the female respondents aged 14–24 reported the use of ecstasy. Ecstasy-related substances (amphetamines and chemically related substances) were reported by 3.6% of men and 1.6% of women. Hallucinogens were reported slightly less frequently by 3% of men and about 2% of women (LSD combined with others). (2) Compared to findings from a 1990 survey this constitutes a substantial, at least twofold, increase in consumption rate of both types of substances. (3) Among lifetime users of both ecstasy and related substances as well as hallucinogens about two thirds could be regarded as regular users. (4) The prevalence of DSM-IV abuse and dependence on ecstasy and related substances is about 1%, identical to rates of hallucinogen abuse and dependence. Findings also point to a significant dependence potential for both substances. (5) Furthermore, considerable overlap between the two substances was found.
Conclusion: Our study suggests a substantial increase in both the use of ecstasy and related substances as well as hallucinogens. The data further suggest that the increase is strongest in younger age groups, but the risk of first use of these substances continues to be present up to the age of 24 years. The higher proportion of women contributing to this increase is noteworthy.
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